Da ich ja in Darwin zwecks des kostenfreien WLAN sehr oft in der State Library zugegen war und ich inzwischen auch herausgefunden habe, dass es in jeder State Library in Australien kostenfreies Internet gibt, war ich nun auch öfter in der State Library of Victoria.
Der Nachteil hier war, dass man keinerlei Getränke oder Essen mitnehmen darf (was in Darwin aber erlaubt ist). Man muss das dann in einem kostenpflichtigen Gepäckfach einschließen. Auch gab es hier zwar eine Durchsuchung, aber lange nicht so aufwendig wie in Darwin. Zwei “Türsteher” beobachteten einfach immer die durch den Eingang laufenden Leute und kontrollierten entsprechend per Sicht.
Wenn also ein größerer Schwall an Menschen auf einmal durchging, konnte man sich ab und an auch mal mit Essen & Trinken im Rucksack durchmogeln. Das geniale in der Library in Melbourne aber war, dass es keine Begrenzung für die Benutzung des Internet gab. Das heißt weder im Daten- noch im Zeitvolumen. Die Geschwindigkeit war überragend schnell. Also im Vergleich zur Library in Darwin gesehen. Dort war das Internet deutlich langsamer und es gab eine 4 Std. bzw. 100 MB Begrenzung. Ich war überrascht über diese großzügige Bereitstellung. Auch von Innen war die Library sehr schön. Sie war riesig, ähnelte einem Atrium, alles war massiv, die Tische und Arbeitsplätze aus Holz. Überall gab es genügend Powerpoints (Steckdosen) und es war wie üblich schön ruhig. Vor allem abends, wenn es draußen dunkel wurde und kein Tageslicht mehr durch das große Glasdach schien, war es drinnen sehr gemütlich. Ich war gerne dort.
In meinem Zimmer war ich seit einiger Zeit ganz alleine, an einem Tag aber zogen dann zwei Israelis ein. Einer von Ihnen war Ido Friedländer, dessen Vater wohl irgendwelche deutschen Ursprünge besitzt. Sie schienen sehr gute, beste Freunde zu sein und haben den weiten Weg aus Israel auf sich genommen, um mit dem Motorrad den roten Kontinent zu bereisen. Sie waren sehr nett, Ido spielte ab und zu mit seiner Gitarre.
Ich hab selten selber gekocht, nur ab und zu. Dafür hab ich Marissa und ein paar anderen ab und an mal in der Hostel Küche beim Kochen zugeguckt. Das Flinders Backpackers hat ungefähr 10 Stockwerke, die Rezeption, die Lobby, der Küchenbereich, der Essbereich und die begehbare Kühlkammer waren auf dem 2. Andyor.
Man kann sich das so vorstellen: Man kommt aus einem der beiden Aufzüge, wird von lauter, ständig laufender Hip Hop Musik wie in diesen auf Jugendmode ausgerichteten Modeshops, begrüßt und findet vor sich direkt die Rezeption. Es war lustigerweise Gang und Gebe, dass hier kleine Spätzchen von draußen im Küchen- und Essbereich Andygen. Auch in den Subway Filialen in Melbourne war mir das bereits aufgefallen. Irgendwie verrückt, dass diese kleinen Vögel da gar keine Hemmung haben.
Ich glaube es war irgendeine Nacht von Freitag auf Samstag, als ich früh morgens, so gegen 5 oder so, völlig schlaftrunken, mal wieder diesen ätzend nervigen Weg von meinem Hochbett, die Treppe runter und vom Zimmer bis zu den Toiletten, auf mich nahm. Ich machte die Tür auf und sah eine sich schminkende Frau am Spiegel stehen. Ich machte die Tür wieder zu, warf einen verwirrten Blick auf das Schild auf der Tür und fragte mich, ob ich wirklich so verpeilt bin und mich in der Tür geirrt hatte. Aber nein, es war die Herrentoilette.
Also machte ich die Tür wieder auf. Das Mädel lächelte, nickte mir zu und kicherte dann noch aus irgendeinem Grund. Also betrat ich das Bad und wanderte schnurstracks in einer der Toilettenkabinen. Während ich also mein Geschäft verrichtete, schien auch eine Dusche zu laufen. Eigentlich nichts unübliches, da im Hostel ja viele Arbeiter hausierten, die durchaus morgens gegen 5 Uhr aufstehen müssen. Übrigens ist mir aufgefallen, dass die Toilettenkabinen in Australien an den Scharnieren nie dicht geschlossen sind. Also links und rechts ist fast immer ein kleiner Spalt, eine Ritze, durch die man durchsehen kann.
Man müsste sich von außen zwar schon irgendwie an den Spalt stellen und bewusst durchgucken, was natürlich niemand macht, aber ich fand das schon sehr gewöhnungsbedürftig. Die Kabine war dadurch nicht mehr komplett abgetrennt und irgendwie ist mir diese Bauweise mit den an den Seiten nicht komplett abgeschlossenen Toilettenkabinen fast überall begegnet – sehr komisch. In Deutschland sind die Seiten nämlich eigentlich immer komplett zu. Der Herr in der Dusche schien seine Körperpflege jedenfalls zu genießen, dachte ich mir innerlich. Leichte Pust, Press und Hechel-Geräusche waren zu vernehmen. Als ich dann aber einen genaueren Blick auf den Spalt zwischen dem unteren Duschtürenrand und dem Boden erhaschte, sah ich vier Füße: zwei Männerfüße und zwei mit rotem Nagellack lackierte Frauenfüße. Ja, während ich auf dem Pott saß, hatten zwei andere wohl ziemlich Spaß. Als ich fertig war und zum Waschbecken lief, sah ich noch ganz kurz das Mädel von vorhin mit einem Typen und die Tür, die hinter Ihnen zufiel.
Die Tage darauf, so muss ich gestehen, warf ich meine Augen äußerst oft zuerst auf die Füße, wenn ich Mädels im Hostel sah oder traf. Aber Frauen mit rot lackierten Fußnägeln gab es viel zu viele. Ich hab nie herausgefunden wer dort seinen Spaß hatte.
Eines Abends luden Amy und Julian uns auf Ihr Zimmer zu einem kleinen Sit-in ein. Bei ein paar Bier und nett hergerichtetem, abgedunkeltem Zimmer hatten wir eine nette Gesprächsrunde. Julian machte in seiner Freizeit zuhause Musik und spielte uns auch ein Stück, das er mit seiner kleinen 9-jährigen Schwester aufgenommen hatte, vor. Es klang gut, so viel weiß ich nicht. An den Song selber kann ich mich aber heute nicht mehr erinnern. Es war Rap. Zwischenzeitlich hatte ich auch mal wieder mit Andy in Darwin telefoniert. Es ging im soweit gut, er wollte immer, dass ich unbedingt wieder “nach Hause” komme. Ich hatte mich entschieden, zunächst aber noch einen zwei wöchigen Abstecher nach Perth zu machen und danach wahrscheinlich zurück nach Darwin zu gehen.
Auf der Arbeit war so ziemlich fast alles leer geräumt, außer halt dieses Lager für die Bestellungen, wo die Picker zugange sind. Generell war es inzwischen relativ locker geworden, da viele Arbeiter die Firma schon verlassen hatten. Wir waren mitunter welche der letzten dort. Es gab öfter mal Leerlauf, in dem ich dann mit Miranda z.B. Fußball mit einem aus Folie selbstgebastelten Ball spielte. Es gab einfach nichts Besseres zu tun und es störte auch niemanden mehr, ob wir da jetzt rumgammeln oder krampfhaft Arbeit suchen. Vor allem sind wir als Gruppe des Öfteren zu Big Simon und Tray ins Büro und haben nach Arbeit gefragt. Wenn uns aber keiner Arbeit gab, konnten wir halt auch nichts tun.
Ich hatte eigentlich schon vor 2 oder 3 Wochen aufhören wollen. Glücklicherweise waren wir Casual Workers, also Arbeiter, die nur bezahlt werden, wenn wir anwesend sind. Wir konnten selbst bestimmen, wann wir aus dem Job wieder aussteigen wollten. Ich hatte eigentlich schon längst keinen Bock mehr, da während meiner Zeit bei dem Job auch meine Fußschmerzen unglaublich stark zunahmen und überhaupt einfach längst die Luft raus war. Aber auf die 539 $AUD, die mein Bankkonto wöchentlich wieder gut aussehen ließen, wollte ich nicht verzichten. Ich meine, das sind ca. 374 EUR pro Woche, also knapp 1500 EUR netto pro Monat. Und das als einfacher Jobber über eine Personalvermittlung, die natürlich an mir auch noch mitverdient. Dafür war der Verdienst doch wirklich gut. Deshalb hangelte ich mich von Woche zu Woche, immer mit dem Gedanken, nächste Woche auszusteigen. Letztlich hängte ich aber doch immer noch eine Woche dran.
Anfang November entschied ich mich aber dann endgültig und kündigte. Es reichte, wenn man Bescheid gab, dass man Montag nicht mehr kommt und die Weste abgab. Schon war alles geregelt. Mit Miranda blieb ich in Facebook in Kontakt, mit Fenja und Nadine mehr oder weniger auch, aber die wohnten ja eh in meinem Hostel. Von den anderen Leuten hörte ich nie wieder was.
Es war immer noch das gleiche Zimmer im Flinders Backpackers, in dem ich residierte. Die Israelis waren inzwischen weitergezogen. Ich konnte mich nicht mehr verabschieden, da ich wochentags früh aufstand und sie da noch schliefen. Ich legte Ihnen einen Zettel hin, auf dem ich meinen Facebook Namen hinterließ und Ihnen eine gute Reise wünschte. Ido Friedländer schickt mir später eine Anfrage. Inzwischen waren noch abwechseln ein paar andere Mitbewohner ein- und ausgezogen. Patrick war einer von Ihnen, der auch etwas länger blieb. Er arbeitete in Melbourne und half bei Veranstaltungen beim Auf- und Abbau. Er ist Ire und um die 27. Er war völlig in Ordnung, fragte mich hin und wieder wie der Tag auf der Arbeit lief.
Ich hatte, nachdem ich meinen Job gekündigt hatte, noch ein paar Tage Freizeit in Melbourne. Ich nutze diese für ausgiebiges Shoppen, Sightseeing und zu all dem, wozu ich unter der Woche meist nie wirklich kam. Mein Ticket nach Perth und das Hostel dort waren gebucht. Ich wollte für zwei Wochen in Perth bleiben und danach zurück nach Darwin fliegen.
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