Über Hostels, Partys und Goon (005)
von Jasper Warrelmann
„Deshalb heißt der Bums hier Labyrinth!“, dachte ich, als wir uns erst einmal einen genauen Überblick verschafft hatten. Mit „dem Bums“ war unser erstes Hostel in Sydney, das Maze, gemeint. Es war Ende September 2016 und wir waren gerade ein paar Stunden in Sydney und hatten soeben ins Hostel eingecheckt. Über vier Etagen erstreckte sich dieses Ungetüm von Herberge, welches wir in den nächsten Monaten noch genauer ergründen sollten.
Zunächst bekamen wir im Erdgeschoss unsere Zimmerkarten gereicht, mit dessen Hilfe wir zunächst unten die Eingangstür öffnen konnten. Damit man beim Kartenverlust jedoch nicht um sein Hab und Gut im Zimmer bangen musste, bekamen wir zusätzlich einen kleinen Schlüssel, mit welchem wir die Zimmertür aufschließen konnten. Wir benutzten zunächst unsere Karte, gingen eine Treppe empor und standen auch schon mitten im Geschehen. Die Hostelküche plus Essensraum machten einen Großteil der gesamten ersten Etage aus. Eine kleine Treppe führte zu einer Art Innenhofterasse, auf der noch weitere Tische und Stühle standen. Gekocht wurde jedoch im Inneren, an einer Kücheninsel, auf der sich mehrere Cerankochfelder aneinanderreihten. Erste Backpacker, es war nun 14 Uhr, aßen schon zu Mittag, andere frühstückten gerade, aßen Cornflakes oder Toast. Im besagten Geschoss gab es neben der Küche noch Waschräume für das Geschirr, einen Computerraum sowie mehrere Räume, in welchen Kühlschränke in Reih und Glied für alle Bewohner zu Verfügung standen.
Wir stiegen weitere Treppen empor und liefen direkt auf den Billardtisch im zweiten Geschoss zu. Um diesen positionierten sich eine Reihe von Stühlen sowie ein Getränkeautomat, an denen wir vorbeigingen, um unser Zimmer zu erreichen. Wir hatten uns vorerst den Luxus gegönnt, ein Zweierzimmer zu beziehen, da wir nach den ganzen Reisestrapazen zunächst erst einmal unsere Ruhe haben wollten.
Die Zimmertür wurde geöffnet, wir schauten auf etwa 12 Quadratmeter, die in den nächsten Tagen unser neues zu Hause werden sollten. Ich warf meinen Backpack in die Ecke und wollte mich schlafen legen, aber Lucca unterband das sofort. „Wenn wir jetzt pennen, ist unser Schlafrhythmus komplett dahin, wir müssen bis heute Abend aushalten.“ Er behielt, wie so häufig auf dieser Reise recht. Wir setzten uns auf die beiden Betten, musterten den Raum. Neben den besagten Schlafmöglichkeiten im Zimmer stand eine kleine Sitzgelegenheit, Sessel wäre jetzt übertrieben. Gardinen verdeckten den Blick auf den Innenhof. Der Raum war in meinen Augen kein absoluter Traum, aber in Ordnung. Lucca hatte, das erzählte er mir ein paar Monate später, zunächst wirklich Probleme in solchen, nennen wir sie reduzierten, Räumen zu wohnen. Wir erkundeten weitere Teile des Gebäudes, machten die Bäder ausfindig und stiegen ins Dachgeschoss empor, in welchem eine Art TV-Room hergerichtet war.
In diesem befanden wir uns auch einige Stunden später, es war schon Abend geworden, als wir unsere erste Erfahrung mit DEM Getränk Australiens machen sollten. Goon ! Vermutlich wird jeder Backpacker, der das Wort hier gerade gelesen hat, etwas Bestimmtes damit verbinden. Uns war dieses Teufelszeug jedoch noch zur Gänze unbekannt.
Ein paar Typen saßen auf den teppichüberzogenen Stufen vor dem Fernseher und füllten etwas von diesem Goon in Plastikbecher. „Was trinkt ihr da?“, wollte ich wissen. Ich hatte zuvor schon mitbekommen, dass die Jungs aus Deutschland kamen. Die Typen, es müssten drei oder vier gewesen sein, musterten uns. „Ihr seid noch nicht lange hier, oder?“ wollte einer von ihnen wissen und fügte an: „Das ist Goon, also Weißwein und der günstigste Alkohol weit und breit! 4 Liter für 10 Dollar!“ „Klingt top“, sagte ich und mir wurde sofort ein Becher angeboten, den ich natürlich nicht ablehnte. Auch in den nächsten Tagen, es blieben uns fünf Tage Eingewöhnungszeit, ehe wir unser Praktikum beginnen würden, kamen wir um DAS Backpackergetränk nicht drum herum. Unsere neue Heimat stellte sich als ein richtiges Partyhostel heraus, zwei Mal die Woche gab es Goon „for free“ und der Eintritt in bestimmte Clubs war für die Bewohner des Mazes auch kostenlos. Einzelne Backpacker, die als Animateure fürs Hostel arbeiteten, verkleideten sich sogar. Es waren tolle erste Abende, in denen wir erstmals eine Ahnung bekamen, was es hieß, alleine und unabhängig am anderen Ende der Welt zu sein.