Über Praktika bei Work and Travel (006)
von Jasper Warrelmann
Die ersten Tage in Sydney waren überstanden. Ab Montag, den 3. Oktober 2016, sollten wir unser fünfwöchiges Praktikum absolvieren. Bevor ich jedoch von unseren ersten Arbeitstagen berichte, möchte ich mich dem Thema Praktikum erstmal allgemeiner widmen.
Was bei uns in Deutschland – den Anglizismen sei Dank – als „Work and Travel“ betitelt wird, wird in anderen Ländern auch oft Gap Year genannt. Wieso? Vermutlich, weil man in der Zeit des Auslandsaufenthaltes wenig tut, was man später gewinnbringend in den Lebenslauf einbringen kann. Anders verhält es sich dies, wenn man sich schon im Vorfeld ein Praktikum beschafft. Da viele Backpacker während ihrer Reise sowieso arbeiten müssen, um sich diese finanzieren zu können, bietet sich auch ein bezahltes Praktikum an. Man kann somit schon zuvor ortsbezogen einen gewissen Zeitraum der Reise planen und wird obendrein, im Idealfall, auch noch entlohnt. So war auch unser Gedanke, im Vorfeld der Reise, als wir uns 2016 dazu entschlossen, in Richtung „Down Under“ zu entschwinden. Wir gingen alle Möglichkeiten durch und hatten das Glück, über meinen Vater einen Kontakt zu einer Firma bei Sydney herstellen zu können. Nicht mehr und nicht weniger. Die Email-Adresse und die Information, dass sich dort in den nächsten Tagen zwei deutsche Abiturienten melden würden, wurde weitergereicht, den Rest mussten wir selbst erledigen. Da saßen wir also zu zweit und versuchten, mit unserem Schulenglisch, eine angemessene Bewerbung inklusive Lebenslauf zu erstellen.
Das dauerte zwar seine Zeit, doch nach einigen Stunden hatten wir eine angemessene Nachricht inklusive Lebenslauf fertig. Bevor wir sie versendeten, schauten unsere Eltern noch einmal darüber. Nach ein paar Tagen bekamen wir eine Antwort und ein paar Wochen später auch die Zusage. Bingo! Fünf Wochen bezahltes Praktikum in Sydney. Eine 40 Stunden Woche mit einem Brutto Gehalt von 25 Dollar pro Stunde wurde uns versprochen, womit wir schon einmal einen Teil unserer Reise finanziell abgedeckt hatten. Wir buchten danach unsere Flüge eine Woche vor Praktikumsbeginn und hatten für die ersten Wochen in Australien einen festen Plan.
Dieser Sprung ins kalte Wasser tat mir persönlich sehr gut, da ich zu keinem anderen Zeitpunkt meiner Reise so viel Englisch gesprochen habe. Außerdem legte ich gleich meine Angst ab, mein doch eher dürftiges Schulenglisch (7 Punkte in der Oberstufe) anzuwenden. Vor der Reise bereitete mir gerade das Praktikum sehr viel Kopfzerbrechen. Doch die Sorgen waren, wie so oft, völlig unbegründet. Die Australier sind, sofern ich das beurteilen kann, wesentlich entspannter als die Deutschen und pflegen einen sehr lockeren und entspannten Umgangston im Büro. Wir wurden sehr herzlich empfangen. Da viele Australier keine Fremdsprache beherrschen, sehen sie über kleine Sprachfehler meist großzügig hinweg. Wir wurden gut eingebunden, auch wenn wir gelegentlich eher langweilige Aufgaben wie Ordner sortieren, Seiten kopieren oder ähnliches tun mussten. Nach den fünf Wochen war das Konto gefüllt, die Sprache aufgebessert und der Lebenslauf um die Etappe „Praktikum in Sydney“ bereichert.
Um an ein solches Praktikum zu kommen, ist Vitamin B meist unerlässlich. Hier lohnt es sich, einmal im Freundes- und Familienkreis herumzufragen, ob nicht irgendjemand jemanden kennt, der ausgewandert ist, dort einen Freund hat oder bei einer Firma arbeitet, die auch im Zielland ansässig ist. Sollte deine Familie Geld wie Heu haben, ist es auch möglich, dass du Geld dafür bezahlst, ein Praktikum absolvieren zu dürfen. Du verdienst dann zwar nichts, hast aber die Möglichkeit, über mehrere Monate in einem Betrieb mitzuarbeiten und deine Kenntnisse zu verbessern. Sollte all das nicht der Fall sein, so könntest du in Deutschland nach dem Abitur für eine gewisse Zeit ein Praktikum bei einer Firma absolvieren, welche auch in Australien oder anderswo Standorte hat. Mit Glück kannst du so den ersten Kontakt über Mitarbeiter herstellen. Der Aufwand lohnt sich in jedem Fall. Denn eins ist sicher: In einer Firma mit Australiern lernst du mehr Englisch und von der australischen Kultur kennen, als in den meisten Hostelküchen!