von Jasper Warrelmann
„Das hier ist ein wenig günstiger!“ Lucca lag auf seinem Bett und reichte mir das Ipad. Etwas länger als eine Woche lebten wir nun schon im Maze, unserem ersten Backpacker-Hostel, wollten aber etwas näher in Richtung unserer Praktikumsstelle im Stadtteil Mascot ziehen. Auf dem Ipad leuchtete eine Anzeige eines Apartments auf, was ein paar Dollar günstiger war und deutlich näher gelegen war. „Perfekt“, sagte ich, schaute mir kurz die Bilder an und gab es Lucca zurück. Wir hatten nur noch wenige Tage, ehe wir aus dem Maze ausziehen wollten und uns daher zeitig um eine neue Wohnung bemüht.
Es war Freitagabend und wir waren gerade von der Arbeit gekommen. Die Tage unter der Woche ähnelten sich, zumindest vom Ablauf, zunehmend. Um 7:00 Uhr ging der Wecker, um 8:20 Uhr die Bahn, um 9:00 Uhr waren wir pünktlich im Büro. Gegen 13 Uhr nahte die Mittagspause, in welcher wir meistens mit Ina, der dritten Praktikantin, durch Mascot tingelten und nach etwas Essbarem suchten. Meistens war es ein Sandwichladen, der unweit des Büros entfernt lag. Danach ging es wieder zurück ins Büro, wir waren ein wenig die Jungs für alles, was gerade so anstand. Akten sortieren, Dokumente scannen, die Festplatte aufräumen. Irgendwann war es 17 Uhr und wir verließen, zusammen mit Ina das Gebäude. Wir schlenderten in Richtung Bahnstation, dort trennten sich unsere Wege, Ina fuhr in Richtung Innenstadt, wir gingen weiter ins Fitnessstudio.
An diesem Rhythmus sollte sich während des gesamten Praktikums nichts ändern, doch ab nächstem Montag waren wohnten wir ein wenig näher an unserem Arbeitsplatz. Wir schulterten an diesem Tage, dem 9. Oktober unsere Backpacks, und fuhren aus dem Herzen der Stadt in den Außenbezirk St. Peters, welcher nahe Mascot gelegen war. Direkt an einem Highway sollte unsere neue Behausung sein, man hatte uns zuvor einen Code zukommen lassen, um die Tür öffnen und in das Haus kommen zu können. Lucca tippte die vier Zahlen ein.Wir stiegen eine schmale Treppe empor und standen am Anfang eines Flures, an dessen Seiten zahlreiche Zimmer, insgesamt wohl 20, waren. „Nummer drei haben wir“, sagte Lucca, wir drehten uns um und standen schon vor unserer Tür. Diese ließ sich ohne weiteres öffen.
Wir standen in einem, etwa 20 Quadratmeter großen Raum, in welchem insgesamt vier Betten, davon ein Hochbett, standen. „So weit, so gut“, dachte ich, wir erkundeten den Rest des Mietshauses und der anfangs ordentlich Eindruck wich zunehmender Ernüchterung. Die Küche war ziemlich verdreckt, der Ofen, so stellte sich einen Tag später heraus, unbrauchbar, die Herdplatten funktionierten kaum.
Die Badewanne, in welche man sich stellen musste, war in etwa so dick wie eine Raufasertapete, weshalb sie auf der einen Seite schon unübersehbar eingerissen war. Neben uns wohnten und das war das eigentlich schlimme, circa 15 Inder. Dass sie Inder waren, war nicht das Problem, vielmehr das, was sie taten. Ab sieben Uhr Morgens wehte uns ein Curryduft aus der Küche entgegen, auch der Lautstärkepegel war nicht zu unterschätzen, da sich bereits zu früher Stunde einige von ihnen auf den Gängen laut unterhielten, alle klangen wie Rahj aus „The Big Bang Theory.“
Wir blieben insgesamt 12 Tage in dem Mietshaus und verbrachten sogar Luccas Geburtstag dort, ehe wir wieder ins Maze einzogen. An besagtem Samstag saßen wir auf unserem Zimmer, tranken Goon und unterhielten uns. Nicht mehr und nicht weniger. Irgendwann, als der Tetrapak zur Gänze geleert war und wir uns nichts mehr zu sagen hatten, ging jeder zu Bett. Ich habe selten einen so ungewöhnlichen Geburtstag erlebt, der so aus der Reihe von allen anderen tanzte, bei denen man sich mit Freunden traf, Partys schmiss oder mit einigen nett zusammen saß.
Diese Tage lehrten mich definitiv eine ganze Menge. Geld zu sparen ist eine schöne Angelegenheit, jedoch sollte man dies nicht um jeden Preis tun. Im Nachhinein trauer ich keinem einzigen ausgegeben Dollar nach, die 12 Tage in diesem Haus möchte ich nicht noch einmal erleben.