von Jasper Warrelmann
„Auf welches Pferd wettest du?“
Das ist eine Frage, welche einem wohl eher am Rande einer Rennbahn, in einem Wettbüro oder von jemandem gestellt wird, der gerade die Tipico App geöffnet hat.
Genau DIESE Frage wurde mir jedoch auf der Arbeit gestellt!
Aber wie genau es dazu kam, wirst du im folgenden Text erfahren. Alkohol und Sportwetten trotz Nine to Five, wir durften diesen Traum leben!
Die insgesamt sechs Wochen des Praktikums vergingen wie im Fluge. Morgens ging es gegen 7 Uhr aus den Federn, um 9 Uhr standen wir im Büro in Mascot auf der Matte, um 13 Uhr war Mittagszeit, um 17 Uhr Schluss. So verliefen eigentlich alle Tage. Alle Tage? Nein, nicht ganz! Der 1. November fiel da ein wenig aus dem Muster. Schon am Tage zuvor wurde uns mitgeteilt, dass am nächsten Tage die Arbeit in den Hintergrund rücken würde. Wir bemerkten: auch Australier haben ihre merkwürdigen Feiertage und Rituale. Jedes Jahr wird am 1. November der so genannte Melbourne-Cup veranstaltet.
Bei diesem Cup treten in etwa 20 Reiter mit ihren hochgezüchteten Pferden gegeneinander an. Circa zehn Runden wird im Kreis gelaufen, nach dreieinhalb Minuten ist der Spaß auch wieder vorbei. Erfunden wurde dieser ganze Tag möchte man meinen von Tipico, Bet365, B-Win oder Nicki Lauda.
Dank dieses Pferderennens also, das eigentlich keinen interessiert, legten viele im Büro die Arbeit nieder und begannen, ab 11 Uhr sich zuzusaufen. Das war vielleicht ein wenig übertrieben, jedoch wurden uns Weißwein und Sekt angeboten. Wir lehnten diese alkoholischen Genussmittel zu dieser Uhrzeit mit Sicherheit ab. SAFE! Das war jedoch noch nicht alles, was mich an diesem Tage im Büro stutzig machte. Es wurde auch gewettet. „Auf welche Nummer tippst du?“, wurde ich gefragt. Ich sagte zwei Startnummern und setzte einen kleinen Betrag.
„Alkohol, Wettspiel, ein Buffet, wenn man das Pferderennen jetzt noch durch ein WM-Finale mit deutscher Beteiligung ersetzen könnte, wären wir wohl im Himmel angelangt“, dachte ich, während wir uns auf die Stühle im Konferenzraum fallen ließen. Alle schauten gespannt nach vorne. Jedoch konnte man auf der Leinwand keine Statistiken oder Bilanzen erkennen, sondern Pferde, welche sich inklusive Reiter langsam auf den Start vorbereiteten. Auch die meisten Mitarbeiter waren legerer als sonst gekleidet und hatten anstatt eines Notizblockes Schnittchen oder ein Gläschen in der Hand.
Nach ein paar Minuten war das Rennen auch vorbei.
Super unspannend, ich weiß nur, knapp zwei Jahre später, dass meine Pferde nicht gewannen. Das war aber nicht weiter schlimm, da es direkt weiter zum Buffet ging. Dazu wechselten wir den Konferenzraum und schritten einmal quer durch das Gebäude. In diesem war eine lange Tafel aufgebaut mit allerlei Leckereien, die man sich nur vorstellen konnte. Eine Mitarbeiterin wurde noch verabschiedet und auch für Lucca und mich war es einer der letzten Tage. Schade, dass dieser Arbeitstag, welcher all meine Kernkompetenzen miteinander verband, einmalig war, sodass eine langfristige Festanstellung für beide Seiten nicht in Frage kam. Auch wir wurden verabschiedet da unser Praktikum in wenigen Tagen enden würde. „Wie schnell die Zeit vergeht und wie unbegründet meine anfänglichen Zweifel waren“, dachte ich im Stillen.
Wenn ich an das Praktikum zurückdenke, habe ich vor allem diesen Tag am Kopf, muss aber auch die täglichen Diskussionen zwischen Lucca und Ina, der dritten Praktikantin, denken. An all die Äpfel, Bananen, Kekse, die wir verdrückten und dafür sorgten, dass schon Mittwoch alle Vorräte aufgebraucht waren. Auch die warmeherzige Atmosphäre wird mir im Kopf bleiben, mit welcher die Australier im Büro miteinander umgingen. Wir verließen ein letztes Mal das Büro und mir war klar, dass ich dieses Gebäude und deren Mitarbeiter in meinem Leben wohl nie wieder sehen würde. Die Arbeit war vorüber, nun stand das Vergnügen auf der Reihe, es lautete Ostküste. Was uns dort alles widerfahren ist? Das lest ihr nächste Woche!