Ich hatte mir intensive Gedanken bezüglich meiner Rückreise nach Deutschland gemacht. Im Kopf bin ich meinen groben Fahrplan an der Ostküste durchgegangen und kam dann zu der Erkenntnis, dass ich noch ca. 1 Monat unterwegs sein werden würde bzw. in etwa 1 Monat brauchen werde, um die Ostküste nach Cairns hoch zu reisen. Und nach Cairns? Was soll ich dann machen? Die ganze Westküste ? Nee, irgendwie konnte ich mir das nicht vorstellen. Ich war nun gut 7 Monate in Australien, hatte mich gut an Land und Leute gewöhnt und inzwischen auch richtig Vorfreude auf Deutschland. Ich hatte kein negativ behaftetes Heimweh, sondern Vorfreude auf meine Rückkehr und die Veränderungen, die ich mir für Deutschland vorgenommen hatte: Auszug aus Frankfurt, ein neuer Job usw. 7 Monate Australien und die beiden Stopover
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auf Fiji und in Seoul waren für mich in Ordnung und mein Entschluss stand relativ unkompliziert fest: Ich entschied mich, meine Rückreise zu planen und zu buchen. Ich war unglaublich froh, dass ich das für mich so einfach entscheiden konnte und ich innerlich nicht entscheiden musste, ob ich doch noch länger bleiben soll oder nicht. Ich glaube, es wäre der Horror für mich gewesen, wenn ich diesen inneren Konflikt gehabt hätte, ob es richtig ist, nicht die vollen 12 Monate aus meinem Visum auszunutzen. Ich wagte einen Blick in den Kalender und plante gegen Mitte März wieder in Deutschland zu sein. Die Stopover sollten sich natürlich auch noch irgendwie lohnen, durften aber auch nicht zu lange sein, da jeder Tag nur Geld kostet und kein Geld bringt und mein Budget echt sehr sehr gering war.

Meine eigenen Ersparnisse aus Deutschland, die ich nach den ganzen Zuschüssen von meinen Eltern und meinen Verdiensten hier in Australien angespart hatte, waren inzwischen auch schon fast komplett aufgebraucht. Ich überlegte mir jeweils sieben Tage für Fiji und sieben Tage für Seoul in Korea. Also waren das insgesamt nochmal volle 2 Wochen Stopover-Urlaub nach meiner Ausreise aus Australien. Ich checkte online die Flugpläne und kam dann irgendwie auf den 11.3.2011 und dachte das wäre perfekt. Damit würde ich meine Mutter sicherlich ein schönes Geschenk zu Ihrem Geburtstag machen:) Andererseits kam mir dann für einige Momente die Idee, meine Rückreise niemandem in Deutschland mitzuteilen.

Was würde es geben, wenn ich still und heimlich einfach zurück fliege und eines Tages zu Hause auftauche? Zu gern würde ich Mamas Gesicht sehen, denkt sie doch, ich sei am komplett anderen Ende dieser Erde. Das wäre sowas von geil gewesen, oh mein Gott! Naja, aber letztendlich machte ich das doch nicht, weil ich ja noch gut 1 – 1,5 Monate bis zu meiner Rückkehr Zeit hatte und so lange auch nicht meinen Mund hätte halten können. Meine groben Daten für die Rückreise standen also fest, Flüge waren dementsprechend auch verfügbar. Nun hatte ich ja schon im Vorfeld meiner Australienreise auch schon ein Rückflugticket gebucht. Dieses war für Mai oder Juni 2011 gebucht.

Ich hatte laut Vereinbarungen in meinem Tarif aber eine Umbuchung des Fluges kostenfrei zur Verfügung. Um alle Einzelheiten detailliert abzuklären, rief ich im in Brisbane ansässigen Büro von Korean Air an und fragte, ob das Büro geöffnet sei oder ob wegen der Flut noch irgendwie geschlossen sei oder so, aber dem war nicht so. Ich bin deshalb kurzerhand zu diesem Bürogebäude hin. Es war ziemlich zentral gelegen und hatte unten eine schicke Lobby, die irgendwie eher an ein Hotel erinnerte. Ein kleines Café, ein Empfangstresen, eine Lounge… Ich schaute auf die Infotafeln und bin direkt zum Aufzug. Im 7. Stock stieg ich aus, alles war schön mit Teppich ausgelegt und massive Holzeinrichtungen zierten die leeren Flure. Eine Vollglastür trug das Korean Air Logo. Ich klopfte und ging rein. Dort saßen an einem langen Tresen 3 Koreanerinnen und telefonierten. Teils in Englisch, teils in Koreanisch. Ich nahm zunächst auf einem Sofa Platz und wartete bis eine der Damen frei war. Anschließend erklärte ich ihr, dass ich eben meine Rückreise nun verbindlich buchen möchte und zeigte ihr meine ganzen Unterlagen.

Sie prüfte alles durch und sagte, die Umbuchung der Rückreise würde aber eine Gebühr kosten. Ich zeigte Ihr daraufhin meine deutschen Unterlagen, die sie natürlich nicht lesen konnte, und erklärte, dass diese aber eine kostenfreie Umbuchung versprechen und ich daher sicherlich kein Geld zahlen werde. Es gab deshalb dann ein paar Differenzen, auch wegen der Ausreisegebühr für den Aufenthalt auf Fidschi. Die Dame war etwas bisschen genervt von mir, aber ich sah nicht ein, doppelt abkassiert zu werden. Auch die Ausreisegebühren für Fiji waren in Deutschland bereits beglichen worden. Wir vereinbarten, dass Korean Air in Brisbane bei Korean Air in Frankfurt anfragt und die Dinge abklärt. Auf Grund des Zeitunterschieds zwischen Australien und Deutschland dauerte das natürlich 1-2 Tage und war nicht sofort per Telefon machbar. Ich gab mich damit erstmal zufrieden und verließ die Niederlassung dann.

abgepumptes Schlammwasser wird der Kanalisation zugeführt

abgepumptes Schlammwasser wird der Kanalisation zugeführt

Auf den Straßen sah man die LKW’s, die ihre mit dem abgepumpten Dreckwasser gefüllten Wassertanks geordnet in die Kanalisation entleerten. Was auch komisch war, ich aber öfter an Baustellen und abgesperrten Straßenabschnitten sah: Einer der Bauarbeiter durfte sich an den Straßenrand stellen und die ganze Zeit einfach nur ein Schild in die Luft halten, das Autofahrer vor den kommenden Straßenbauarbeiten warnt. Warum kann man das Schild nicht einfach irgendwo befestigen? Keine Ahnung… „Timezone“ war auch wieder eingeräumt und geöffnet. Ich bin immer mal wieder rein und hab geschaut, wie andere ihr Geld ausgaben und hatte meinen Spaß dabei. Ich hätte zwar auch gerne mal das ein oder andere Spiel gespielt oder am Spielautomat versucht, die dicke Kohle zu holen, aber man hätte sich erst anmelden müssen, um eine Karte zu erhalten, die man dann aufladen muss. Das war mir dann zu viel Aufwand, deswegen lies ich es bleiben und sparte mein Geld. Wobei…Einmal habe ich beobachtet, wie ein Mitarbeiter einen meine Lieblingsgeräte neu bestückte. Es waren diese Teile, wo überall Münzen liegen und ein Schieber immer vor- und zurückgeht. Oben wirft man eine Münze ein und hofft, dass diese neu gefallene Münze den gesamten Münzteppich nach vorne schiebt, sodass die vordersten Münzen alle über den Rand hinaus herunterfallen und man diese dann gewinnt. Jedenfalls machte ein Mitarbeiter einen solchen Automaten auf und reparierte etwas, oder so. Anschließend machte er ihn wieder zu und ging weg.

Der Automat schien neu zu starten und einige Münzen vielen runter. Keiner sah das und keiner nahm die Münzen. Nach kurzem Beobachten schnappte ich mir sie unauffällig. In Bares umtauschen konnte ich sie nicht, dafür waren es zu wenig, deswegen setzte ich sie selber ein. Aber vergebens – ich verlor alles und gewann nichts. Lustig waren auch die Tanzcomputer, an denen mit Vorliebe Asiaten zu Gange waren. Asiaten stehen halt total auf Karaoke und Tanzspiele. Ich beobachtete Asiaten, die echt noch in Anzug und mit Aktenkoffer auf dem Heimweg nach Feierabend kurz im Timezone vorbei sind, um eine Runde zu tanzen. Und dabei waren sie unglaublich konzentriert.

Die Tage bin ich dann nochmal ins Büro von Korean Airlines, um nachzuhaken, was Sache war. Die Damen hatten mit den Kollegen in Deutschland alles abgeklärt und mir Recht gegeben. Ich musste keinen Aufpreis mehr bezahlen. Ich ließ meine Rückflüge daher wie vereinbart verbindlich buchen. Es war ein komisches Gefühl. Mein Abenteuer hatte nun nämlich ein konkretes Ende. Nämlich den 11.03.2011. Dort würde alles vorbei sein und ich wieder in Frankfurt – oh mein Gott. Aber das waren ja noch gut 1,5 Monate. Also auch noch genug Zeit, noch ein paar Dinge zu erleben. Für mich war es perfekt. Einerseits wollte ich wieder heim, andrerseits aber auch noch nicht sofort.

Deswegen jetzt noch 1,5 Monate, ja, das war eigentlich super. Ich wusste nun also genau, wann ich von Sydney nach Fiji fliege und wann von Fiji nach Korea und auch wann von Korea nach Deutschland. Deswegen konnte ich nun alles gut überblicken. Ich plante noch ein paar Tage Aufenthalt zum Schluss in Sydney ein. Mein Endziel an der Ostküste würde ja Cairns sein. Von Cairns würde ich dann wieder den gleichen Weg runter zurück nach Sydney. Allerdings per Flugzeug. Deshalb buchte ich direkt auch gleich schon meinen Flieger von Cairns runter nach Sydney. Somit hatte ich ein fixes Zeitfenster von ein paar Wochen, um Cairns zu erreichen und alles war zeitmäßig grob vorgeplant.

zum Anfang von 53093 Kilometer und zurück! – Ein Work & Travel Abenteuer in Australien, Indonesien, Südkorea & auf Fiji >

Ich nickte im Bus kurzweilig ein, der Bus hielt an wenigen Orten zwischendurch, aber an weniger als ich eigentlich dachte. Dazu war der Bus über eine halbe Stunde früher in Brisbane, als ursprünglich geplant. Da ich den Busfahrer auf Grund seines schnellen Slangs kaum verstand, wusste ich nicht, ob wir jetzt schon in Brisbane waren oder nicht. Aber es stiegen alle Fahrgäste aus, deshalb schloss ich mich an. Sicherheitshalber fragte ich trotzdem nochmal beim Fahrer nach, aber es war tatsächlich schon Brisbane. Es war halt einfach so, dass die Fahrroute irgendwie geändert wurde und einige Orte, wo der Bus eigentlich halten sollte, auf Grund der Flut nicht angefahren wurden.

Ich befand mich nun also am Bahnhof in Brisbane. Natürlich hatte ich mir vorher rausgesucht, wie ich nun zu meinem bereits gebuchten Hostel komme, aber vor Ort war dann noch alles etwas anders. Der U-Bahnhof war fast vollständig geräumt, irgendwelche Sicherheitsleute passten nur noch die erwarteten Busfahrgäste ab und wiesen sie in die richtigen Richtungen. Der U-Bahn Verkehr war nämlich fast lahmgelegt und auch die U-Bahn mit der ich nun fuhr, fuhr nur noch verkürzt. Der Sicherheitsmann lies mich sogar ohne Fahrschein passieren. Die Endstation der U-Bahn war zum Glück genau die Station an der ich rausmusste. Wenn ich noch weiter gemusst hätte, oh Gott, dann wär alles noch chaotischer gewesen. Im U-Bahnhof und auch in der U-Bahn gab es bestimmt 50x Mal die Durchsage, dass diese Bahn die letzte sein wird und diese bestimmte Stadtteile auch nicht mehr anfahren wird, da diese Stadtteile bereits überflutet seien.

Alles kam mir gruselig vor, es war eine Panikstimmung in der Luft. Quasi so, als wenn der Notstand ausgerufen worden sei. Ich stieg aus und lief aus der B-Ebene hoch auf die Straße hinaus. Es war gegen 20 Uhr etwa und erstaunlich ruhig. Alle Geschäfte waren zu und nur wenige Menschen anzutreffen. Ich war in der richtigen Straße, lief aber immer wieder rauf und runter. Ich fand diese dumme Hausnummer einfach nicht. Ich fragte daher einen Typen, oder nein, er fragte eher mich und zwar, ob ich mit ihm einen trinken geh, er würde auch bezahlen. Keine Ahnung, er schien bereits etwas alkoholisiert und verwirrt. Ich verneinte und suchte weiter. Schlussendlich fand ich es. Das Problem war gewesen, dass es kein offensichtliches Hostel war, sondern hauptsächlich eigentlich eine Bar mit eigenen Zimmern obendrüber, die vermietet werden. Als ich so zwischen 20 und 21 Uhr ankam, war die Bar bereits leer und ein paar Kellner wischten gerade noch die letzten Tische ab. Schon jetzt war tote Hose? Ich sagte, dass ich für zwei Tage ein Bett im 22er Betten Zimmer reserviert hatte und die restlichen Tage ein Bett im 8er Zimmer.

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hergerichtetes Bett, wenn ich mal unten schlafen durfte :-)

Ich hatte extra zuerst das 22er bestellt, da ich das mal ausprobieren wollte. Klar, auf der Great Ocean Road waren wir auch im 26er oder so, aber da waren wir ja zu viert alleine. Ich wollte mal wissen, wie es in so ‘nem riesen Schlafsaal zugeht, wenn er voll belegt ist.  Just 4 Fun. Naja, daraus wurde nicht. Der Herr von der Theke sagte mir freundlich, sie hätten mich kostenfrei auf das 8er Zimmer upgegradet, da man davon ausging, es handele sich um einen Buchungsfehler. Ich sagte ihm nicht, dass ich bewusst das 22er gebucht hatte, das war mir dann auch egal. Er zeigte mir kurz die Räumlichkeiten und brachte mich zu meinem 8er Zimmer. Es war ein einfacher, leicht heruntergekommener viereckiger Raum mit jeweils 4 doppelstöckigen Hostelbetten. Es war ein anderer Mitbewohner im Raum, natürlich ein Deutscher. Seinen Namen weiß ich leider nicht mehr.

Ich richtete mich ein, machte mein Bett uns kam mit ihm ein bisschen ins Gespräch, als ich ihn fragte, ob hier immer alles so ruhig sei und warum die Bordsteine um 20 Uhr schon hochgeklappt sind. Er sagte, das sei nicht normal, nur sei für morgen die Flut in Brisbane angesagt und die Menschen seien geflüchtet. Die Flutwelle würde morgen früh Brisbane erreicht haben und man wisse nicht, welche Ausmaße das haben werde. Er machte mir damit ganz schön Angst, da ich seine Aussagen nicht richtig einzuschätzen wusste. Er war aber wohl schon seit mehreren Wochen in Brisbane und kannte sich gut aus, aber ich war mir nicht sicher, wie schlimm die Situation jetzt wirklich war. Ob wir dann morgen aufs Dach flüchten und uns von Heli’s retten lassen müssen, fragte ich ihn. Ausschließen tat er es nicht, er sagte nur, er wisse auch nicht, was morgen passieren würde. Jedenfalls hätten alle Läden frühzeitig geschlossen und die Menschen hätten sich rechtzeitig mit Lebensmitteln versorgt. Die ganze Zeit summte in mir “Wann kommt die Flut, wann kommt die Flut…”, das Lied von Witt Heppner.

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Am nächsten Morgen war ich gespannt wie Bolle. Das Zimmer war noch trocken, aber was war draußen los? Unser Zimmer hatte keine echten Fenstr, nur so eine Art Attrappe. Jedenfalls konnte man nicht nach draußen schauen. Ich machte mich also auf den Weg vor die Tür. OK – die Straße war auch noch nicht überflutet und die Sonne schien herrlich. Am Eingang kam mir mein Zimmergenosse entgegen und meinte, die Flut hatte Brisbane tatsächlich erreicht und der Brisbane River, der durch Brisbane fließt sei vollkommen überlaufen. Er erklärte mir noch kurz den Weg zu einer großen Brücke, von der man die Flut sehr gut sehen konnte und verschwand dann. An Chinatown vorbei lief ich aufwärts zu dieser Brücke und macht mir selbst ein Bild. Es hatten sich einige Menschen versammelt und man konnte die Ausmaße der Flut durchaus gut überblicken.

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Der Brisbane River war deutlich breiter als sonst und rechts und links ziemlich übergelaufen. Ich lief über die ganze Brücker runter zum Ufer, wo sich auch schon ein Kamerateam eines TV Senders positioniert hatte. Dort konnte man sehen, dass die Promenade, die man normalerweise entlanglaufen kann und auch das Haus des Bootsverleihs komplett unter Wasser standen. Auch der an das Ufer angrenzende kleine Park war kaum passierbar. Die nebenliegende Straße lief auch langsam voll, glücklicherweise begannen dort dann starke Steigungen. Die Straßen dort waren also nicht ebenerdig, es konnte dort also kaum was passieren. Dummerweise hatte in der Straße jemand sein Auto stehen und, warum auch immer, nicht rechtzeitig umgeparkt. Es stand bis zu den Rädern im Wasser. Am nächsten Tag war es bis auf 2 cm komplett untertaucht und damit wohl reif für die Tonne, schätze ich mal. Das Schlammwasser, das sich hier staute war nicht mehr stark in Bewegung, sondern am Auslaufen und riss das Auto daher auch nicht mit sich. Ich weiß nicht, ob die Flut auch etwaige Tiere wie Echsen mit sich nach Brisbane reinbrachte, aber urplötzlich stand eine solche  etwa 40 cm lange vor meinen Füßen. Mitten auf dem Gehweg…

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Ich beobachtete mit einigen anderen Leuten das rege Treiben des Wassers, ab und zu sah man wirklich noch schräge Dinge, die den Fluss hinab schwammen, z.B. Mülltonnen oder auch mal einen braunen Sessel. Ein paar wenige Motorboote versuchten gegen den Strom zu fahren, hatten dabei aber sichtlich Probleme. Der Sog war einfach zu stark. Aber die richtig schlimmen Ausmaße, die ganzen Hausstände, die die Flutwelle aus dem inneren Queensland bei Towoomba mit sich gerissen hatte, waren hier bei uns in Brisbane nicht mehr zu sehen. Jedenfalls erinnerte mich diese Flutwelle halt einfach an ein Hochwasser wie wir es am Main in Frankfurt auch schon hatten. “Die Flutwelle” hatte ich mir jetzt schon heftiger vorgestellt, aber wenn ich realistisch bin, was hätte denn weiter passieren sollen? Brisbane ist die Hauptstadt von Queensland und eine 2-Millionen Metropole mit riesigen Wolkenkratzern und genügend Steigungen. Ein überlaufender Fluss wird die Stadt sicherlich nicht so einfach vernichten. Das irgendwelche kleinen, flachen Dörfer im inneren Queensland platt gemacht werden, ok, aber hier war die Flutwelle schon genug ausgebremst, um wirklich lebensbedrohlich zu sein. Materielle Schäden & jede Menge Dreck waren wohl die größten Probleme.

 

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Ich bin dann mal in die Stadt gelaufen und hab dort die Lage gecheckt. In der Fußgängerzone waren die Geschäfte offen, in einigen Cafés gab es Fernseher, auf denen die ganze Zeit die Nachrichten liefen. Ich suchte mir Steckdosen, um mit meinem Netbook online zu gehen, damit ich mit Meiner Freundin schreiben konnte. Auch in Deutschland war diese Naturkatastrophe wohl bereits ein großes Thema in den Medien. Meine Mutter hatte mich schon mehrmals angerufen, um nachzufragen, wie es mir geht. Sie war ziemlich besorgt, ich hingegen recht locker. In Deutschland sah man vermutlich nur die schlimmen Bilder der Flut, wie sie ganze Häuser und Ortschaften verwüstet.

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Aber ich war ja in Brisbane und dort absolut sicher, wie ich nun ja gemerkt hatte. Dennoch, der Höhepunkt der Flut war noch nicht erreicht. Die Experten und Nachrichten erzählten, das Wasser würde die nächsten 2-3 Tage weiter ansteigen werden. In der Innenstadt gab es eine Brücke, die allerdings polizeilich überwacht wurde. Man durfte nicht passieren, ich wusste nicht genau, warum. Wenn man in die Seitenstraßen der Brücke lief, sah man Absperrungen und überall Sandsäcke. Man konnte noch die oberen Spitzen von Straßenschildern erkennen, die hier aber bereits fast vollständig unter Wasser standen. Hier machte ich einige Fotos, um die Wasserpegel im Laufe der Zeit immer genau beobachten zu können. Jedenfalls war ziemlich viel Trubel in der Stadt. Die Stadt hatte nun auch offiziell ein generelles Verkaufsverbot für 7 Tage ausgesprochen. Also 7 Tage werden zur Sicherheit alle Geschäfte geschlossen bleiben.

Als ich mal wieder auf einer Bank in der Fußgängerzone relaxt habe, sprach mich eine Frau an und fragte, ob alles in Ordnung sei und ob ich einen Schlafplatz für die nächsten Tage habe. Denn wenn nicht, könnte ich für die Tage der Flut ihre Hilfe in Anspruch nehmen. Ich dankte und erklärte ihr, dass alles super sei und ich im Hostel eingecheckt bin. Verrückt, scheinbar hielt mich diese engagierte Streetworkerin für obdachlos?! Naja, war mir egal und ich ruhte mich weiter aus.

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Als ich später dann durch die Innenstadt lief, sah man an etlichen Geschäften bereits Infozettel der Besitzer und Sandsäcke, die zum Schutz platziert wurden. Es schloss ein Geschäft nach dem anderen. Im Timezone Spielsalon, das es auch hier in Brisbane gab, sah ich, wie sie den Laden vorsichtshalber komplett leer räumten. Zu groß war die Angst das Wasser würde in den Laden eindringen und alle technischen Geräte zerstören. Jeder Ladenbesitzer versuchte sein Hab und Gut vor den Wassermassen sozusagen noch zu schützen, bevor diese die Straßen der Innenstadt erreichen würden. Auf dem Weg zurück zum Hostel war ich erstaunt, dass dort der Woolworths noch geöffnet war.

Ich besorgte mir noch meine Nachtsnacks, die ich für Hungerattacken in der Nacht zur Seite legte. Meistens waren das Zimt Donuts oder aber auch trockenes Toastbrot mit Wasser. Zum Abendbrot gab es bei mir öfter auch schon mal eine Packung Billig-Bountys. Aber es war unfassbar: sämtliche Wasser- und Brotregale waren restlos leergekauft.

alles leer gekauft @ Woolworths

alles leer gekauft @ Woolworths

Alles weg! Und durch die Überschwemmungen auf den Highways & Freeways rund um Brisbane herum kam es zu Lieferschwierigkeiten. Das war auch der Grund warum es bei Mc Donalds oder Subway z.B. nicht mehr alles zu essen gab. Dummerweise ging jetzt auch mein Netbook kaputt. Keine Ahnung warum, aber als ich eines Abends damit im Bett lag und am Surfen war, ging plötzlich der Bildschirm aus. Ich hatte leichte Panik und stand direkt am nächsten Tag vor einem Computer Repairshop. Aber was war? Er war natürlich geschlossen – Scheisse.

Ja und so verbrachte ich die nächsten Tage öfter in der Innenstadt und beobachtete mir die Lage vor Ort. Mein Programm, das ich mir für Brisbane überlegt hatte war inzwischen hinfällig, weil halt echt alles irgendwie geschlossen war und man in einige Stadtgebiete auch gar nicht hinkam, wenn man sich nicht entsprechend als Bewohner ausweisen konnte. Selbst der Subway in der Innenstadt war zu, was wirklich sonst nie der Fall war. Die haben ja sonntags und feiertags auch offen. Das Wasser war tatsächlich noch angestiegen, aber es war definitiv nicht, wie von vielen befürchtet, in die Innenstadt gelaufen, so schlimm war es absolut nicht. Dennoch: Nach einigen Tagen, als das Wasser rückläufig war und sich die Überschwemmung langsam gelegt hatte, wurde die Brücke für Fußgänger wieder geöffnet und man durfte auf die andere Stadtseite.

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Und dort sah ich erstmals die heftigeren Ausmaße, die das Hochwasser in Brisbane angerichtet hatte. Hier waren die Leute nämlich deutlich schlimmer betroffen, als bei uns auf der anderen Seite. Alles war voller Schlamm und dreckigem Matsch und Staub. Es gibt hier ein ganzjährig stehendes Riesenrad, ähnlich dem London Eye in London. Das Kassenhäuschen war zerstört und viele Meter Drumherum stand alles im Dreck. In einer Nebenstraße staute sich das Wasser noch bis zu den Knien, noch eine Straße weiter sah es bereits wieder sauber aus. Ein Café warb mit einer aufgestellten Tafel mit der Aufschrift “YES!!! We’re open” um seine Kunden. An einer Gebäudewand las ich “Stay dry, Westend”.

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Zum Teil waren die Matschschichten noch 10 cm dick. Aber man sah, dass hier die Aufräumarbeiten begannen. Feuerwehr und Polizei waren stets anwesend und auch Hubschrauber Andygen hin und her. Auf dieser Stadtseite, direkt am Flussufer, gibt es auch eine Art Strandbad. Also so ähnlich wie in Darwin, einen kostenlosen, öffentlichen Pool, eine Art Lagune mit angelegtem Sandstrand und Palmen Drumherum. Ich bin dort ein wenig rumgelaufen, aber auch hier war im Prinzip alles eingezäunt und abgesperrt, da aufgeräumt wurde. Die Pools und Wiesen waren auch überschwemmt gewesen. Sommer, Sonne und Strandfeeling kamen hier beim besten Willen nicht auf. Überhaupt herrschte hier eine richtige Aufräumstimmung.

Nach einigen Tagen grau in grau: Sonne und endlich wieder pulsierendes Leben in der City

Nach einigen Tagen grau in grau: Sonne und endlich wieder pulsierendes Leben in der City

Langsam öffneten die Geschäfte wieder nach und nach und alles nahm seinen Betrieb wieder auf.

Die Sonne kam nach tagelanger Wolkenfront endlich wieder zum Vorschein. Brisbane erwachte zum Leben! Den Enthusiasmus der Menschen spürte man regelrecht. Die Leute waren froh, dass die Flut zurückgegangen war und waren motiviert genug, um sich an die Aufräumarbeiten zu machen. Ich sah viele Arbeiter, die Schlamm wegschaufelten und Wasser abpumpten. Viele Freiwillige packten mit an und gingen der Feuerwehr zur Hand, Damen aus der Nachbarschaft schmierten Brote für die fleißigen Männer. Hier kam es auf jeden Helfenden an und jeder tat, was er konnte. Ein Bild, was mir auch noch besonders im Kopf sitzt: Eine Frau steht auf der Dachterrasse eines Hauses. Das ganze Haus stand im Wasser, als Straßen um das Haus waren vollgelaufen. Klar, die Situation war jetzt nicht lebensgefährlich, die Dame hätte schon irgendwie unten rausgekonnt, es war ja auch ein mehrstöckiges Hochhaus, aber als Sie alleine dort oben auf der Dachterrasse stand und den Hubschraubern wild gestikulierend zuwinkte, während um sie herum alle Straßen noch immer überschwemmt waren, sah das schon heftig aus.

Ich hatte von Andy erfahren, dass er in Darwin eine Nachricht bekommen hatte, dass für mich ein Postpaket zur Abholung bei der Post bereit läge. Ich wusste, dass es endlich das Geburtstags/Weihnachtspaket aus Deutschland sein musste, das meine Mutter auf die Reise geschickt hatte. Allerdings war das im September gewesen und nun hatten wir Ende Januar. Naja, jedenfalls war es nun in Darwin angekommen. Ich war aber in Brisbane, das sind auf kürzesten Weg 3425 km – hmmm… Also setzte ich mich auf eine Bank, wo es etwas ruhiger war und rief erstmal in Darwin beim Post Office an, um mich nach dem Päckchen zu erkundigen. Ich wollte es mir nun irgendwie nachschicken lassen. Da ich aber nicht weiß, wo ich demnächst genau sein werde und ich die Hostels ja regelmäßig wechsele, sagte ich denen, sie sollen mir das Päckchen einfach in eine Postfiliale zusenden und ich würde es dann dort abholen. Dafür musste ich aber die zentrale Posthotline anrufen.

Also rief ich die Hotline an. Überraschenderweise war der Nachsendeauftrag von Darwin in einer andere Postfiliale innerhalb Australiens bei Päckchen bis 2kg oder so sogar kostenfrei. Und selbst wenn es schwerer ist, kostet die Gebühr nur etwa $AUD 5.00. Die Aufbewahrung dort erfolgt aber “nur” für exakt einen Monat (In Deutschland deutlich weniger). Am sinnvollsten war es, das Päckchen nach Sydney schicken zu lassen, da ich dort zwecks Ausreise auf jeden Fall nochmal sein werden würde. Aber ich wusste ja nicht, wann das genau wäre, da ich mir zwar schon Gedanken über eine Rückreise nach Deutschland gemacht hatte, aber noch keine genauen Pläne. Deshalb beendete ich die Sache nun erstmal an der Stelle und gab an, mich demnächst nochmal telefonisch zu melden.

Mein Notebook war noch immer kaputt, deshalb bin nochmal zu dem Repair Shop in der Innenstadt. Es war ein komischer von Asiaten geführter Laden. Ich ließ das Netbook dort und holte es einige Tage später wieder ab. Diagnose: Irreparabel – Motherboard defekt. Scheinbar sei Wasser eingedrungen. Keine Ahnung, ob der Typ das Teil tatsächlich auseinandergenommen hat und sich die Mühe wirklich gemacht hat, aber auf mich schien er komisch. Whatever! Ich zahlte einen Pauschalbetrag für die Diagnose des Schadens und entschied mich, fortan ohne Netbook auskommen zu müssen. Wird halt kacke sein, so komplett ohne Speicher, wo ich meine Fotos abspeichern kann, aber was hätte ich sonst machen sollen? Später werde ich feststellen, dass man auch 2 Monate ohne eigenen Rechner auskommen kann.:) Ich lud ab nun alle Fotos immer von der Digitalkamera über Facebook in private, für andere nicht einsehbare Fotoalben ab, damit ich die nicht auch noch verliere, falls meine in Sydney gekaufte Kamera vielleicht auch noch ausfallen sollte. Es war schon ärgerlich, das mit dem Netbook…Zukünftig habe ich dann also ziemlich oft irgendwelche Internetcafés aufgesucht.

Die eigentliche Kacke war aber nun folgendes: Ich hab dann die Vodafone Simkarte, auf der ich ja noch den mobilen Internetzugang eingerichtet hatte aus dem Netbook in mein Google G1 Smartphone eingelegt, um mit dem Handy online zu gehen. Der Akku vom Handy war aber inzwischen auch total im Eimer und hielt aus unerklärlichen Gründen immer nur noch wenige Sekunden/Minuten, wenn er nicht dauerhaft per USB Kabel Strom bekam. Mein USB Kabel, das man in die Steckdose stecken kann war dummerweise auch kaputt, also konnte ich damit nicht mal mehr mein Handy aufladen. Ich hatte nur noch ein normales USB Kabel, das man an den Rechner anschließen kann. Das Netbook ließ sich ja durchaus noch einschalten, mit entsprechendem Ladekabel, versteht sich. Man bekam kein Bild usw., aber Strom über die USB Schnittstelle lieferte es. Also sah mein Equipment, wenn ich unterwegs war, so aus: Netbook Ladekabel, Netbook, Smartphone, USB Kabel.

Um jetzt also mit dem Smartphone online zu gehen, wenn ich mit Meiner Freundin über ICQ oder Facebook chatten wollte, musste ich also zunächst das Netbook auspacken und irgendwo an eine Steckdose klemmen. Es diente nur als Stromlieferant für mein Handy. Das USB Kabel steckte ich ins Netbook und an der anderen Seite ins Handy. Es war kacke, das immer alles mitzuschleppen, nur um mit dem Handy online gehen zu können, aber das war halt mein Pech. Inzwischen war ich was das angeht, auch recht hemmungslos geworden. Ich hielt immer Ausschau nach öffentlichen Steckdosen, hockte mich dafür auch einfach irgendwo in der Fußgängerzone oder im Einkaufszentrum auf den Boden. Ich wurde deswegen auch paar Mal angesprochen, aber das störte mich inzwischen nicht mehr und ging dann schon ok. Ab und zu verabredete ich mich mit Meiner Freundin zum Skypen. Dazu bin ich dann aber immer in richtige Internetcafés, da dort die Geschwindigkeit natürlich deutlich besser ist.

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Nun war also auch New Year’s Eve in Sydney schon wieder vorbei und ich musste überlegen, was als nächstes ansteht. Es war ja vereinbart, dass ich bei Katy nur über Silvester bleibe. Nur hatte ich immer noch keine konkreten Pläne wie es nun weiter gehen sollte. Der Plan war nun die Ostküste, die ich mir von Sydney aus ansehen wollte. Ich brauchte aber noch einige Tage und hatte deswegen auch wieder ein schlechtes Gewissen. Vor allem weil Andy sich auch gemeldet hatte und mir sagte, ich solle Katy nicht zu lange zur Last fallen, immerhin sei ich ja schon knapp eine Woche vor Neujahr bei ihr eingezogen. Ich hatte also leichten Druck und fragte Katy, ob es ok sei, wenn ich noch einige wenige Tage bleiben würde.

Sie lachte und sagte, sie würde mich sicher nicht rauswerfen. Ich nahm das dankend an und machte nun aber mit Hochdruck meinen nächsten Plan fertig, da ich wirklich nicht zu lange bei ihr hausieren wollte. Deshalb ging ich ins Greyhound City Office direkt an der Central Station und besorgte mir ein Bus Ticket, mit dem ich eine bestimmte km-Strecke fahren durfte. Es reichte bis hoch in den Norden von Cairns. Zwischenstopps waren inklusive und so viel ich wollte. Mein erster Halt von Sydney aus sollte also das 845km entfernte Surfers Paradise an der wunderschönen Gold Coast sein. Ich besorgte für Katy eine Packung Pralinen, deutsche Rittersport Schokolade und schrieb ihr eine Abschiedskarte, in der ich mich für ihre freundliche tolle Gastbereitschaft dankte. Als PS: setzte ich ihr ein “I love your beautiful Sydney” dazu, da sie auf ihre Stadt ziemlich stolz ist und ich Sydney als Großstadt wirklich geil finde.

Bei meinem Abschied packte ich mich meinen großen Rucksack und machte mich auf den Weg zum Bahnhof von St. Marys. Ich wollte nicht, dass Katy mich fährt und sagte ich werde laufen. Eigentlich eine scheiß Idee, denn es war heiß, stickig und mit dem großen, schweren Rucksack war der sich wie Kaugummi ziehende Weg einfach nur nervig und kacke. Aber egal…Mit dem Zug gings wieder nach Sydney rein, zur Central Station. Ich war etwas aufgeregt, wusste ich doch noch nicht so recht wie das mit den Busreisen in Australia so funktioniert. Ich war Neuling, was das angeht. Aber Greyhound war mit Sicherheit die beste Wahl – kein Partybus, aber auch keine lahme Kaffeefahrt.

Es standen bereits mehrere Busse dort, auch meiner war schon da. Die Leute fanden sich nach und nach ein und der Busfahrer zeigte recht schnell, dass er der “Mann im Bus” ist und keiner einsteigt, bevor er es nicht erlaubt. Nach einem kurzen Namenscheck durfte ich rein. Ich hatte mich vorher in einem Onlineportal für die Fahrt registriert und deshalb hatte er mich bereits auf der Liste stehen. Der Bus war sauber und angenehm. Es war später Nachmittag, als wir Sydney verließen und ich freute mich auf eine lange Nachtfahrt. Weg aus New South Wales, hieß uns ein Schild am linken Straßenstrand im Bundesstaat an der Ostküste Willkommen: “Welcome to Queensland”.

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Angekommen in “Surfers”, so nennen die Aussies den Ort Surfers Paradise an der Goldcoast in Kurzform, war ich ziemlich perplex. Ich kam mir irgendwie vor wie in Las Vegas oder sonst wo in den Staaten. Die Innenstadt war geschmückt mit wunderschönen Palmen, umringt von riesigen Wolkenkratzern und bunter Leuchtreklame. Auch das Hard Rock Café mit seiner goldenen Riesengitarre vor der Tür stach mir sofort ins Auge. Ich bin in mein Hostel, wurde sogar von einer Angestellten auf mein Zimmer begleitet, was ich in einem Hostel so auch noch nicht erlebt habe. Das Zimmer war normal groß, ein anderer war wohl mit im Zimmer aber nicht anwesend. Ich richtete meine Sachen und bin danach direkt auf, um Surfers zu erkunden. Natürlich gings zuerst mal an den Strand. Das Highlight von „Surfers“. Und was soll ich sagen? Traumhaft! Die Goldcoast halt! Neben der Sunshine Coast soll es hier wohl die schönsten Küsten Australiens geben. Andy hatte mir ja schon einiges erzählt, denn er war hier in Surfers Paradise ja zum Teil aufgewachsen. Der Strand bot schöne, riesige Wellen, dauerhaft und egal wann man kam. Das DHL Rescue Team, also die Bademeister waren tagsüber immer anwesend und sorgten für die Sicherheit am Strand.

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Das Wetter war leider sehr wechselhaft und es regnete ab und zu. Ich setzte mich auf eine Bank an der Promenade und schaute dem Treiber im Wasser zu. Anschließend bin ich über die Straße und war direkt in der Innenstadt. Das war das coole hier in Surfers: Innenstadt, Geschäfte und Strand waren nur ein Steinwurf voneinander entfernt. Das sorgte für ein total lässiges Flair, denn die Leute liefen im Strandoutfit in der Stadt rum, es kam nicht auf ein cooles Outfit an.
Surfers Paradise war für mich ein richtiges Urlaubsparadies mit einer wunderschöne und ellenlangen Küste, traumhaften Wellen, freundlichen, gut gelaunten Menschen und viel Amusements. Amusements deshalb, weil es Spielcasinos gab, viele Shoppingmöglichkeiten und mitten in der Stadt sogar ein Riesenrad und ein anderes großes Fahrgeschäft. Wenn ich durch die Straßen lief, merkte ich direkt, dass Surfers auf jeden Fall vom Tourismus lebt. In einem Shopping Center war in der obersten Etage ein riesiges “Timezone”. Das größte, das ich in Australien je gesehen hatte. Timezone ist eine Amusements-Kette, also so Spielesalons. Das Teil war dermaßen groß, es gab dort echt alles Mögliche: eine kleine Indoor Kartbahn, ein Indoor Laser Shooting Gelände, etliche Geldspielautomaten, Autorennsimulatoren, Karaoke Computer, Tanz-Computer, Basketball Korbwerfen, Reit-Simulatoren in echter Pferdegröße und und und. Heftig fand ich, dass kleine Jungs, vielleicht gerade einmal 12 oder 13 Jahre jung, hier schon an Egoshooter Simulatoren spielen durften. Die Waffen Imitation, die als Gamecontroller diente, war fast größer als der junge Spieler selber.

Ich bin bestimmt eine Stunde oder so nur rumgelaufen und habe den anderen Leuten beim Spielen zugeguckt. Auf der gleichen Etage war neben dem Timezone noch ein eigenes Bowlingcenter, an dem ich auch noch etwas stehenblieb. Eigentlich wollte ich im Obergeschoss des Shoppingcenters nur auf Toilette… Surfers Paradise war überschaulich und inzwischen kannte ich mich recht gut aus. Viel Zeit verbrachte ich tatsächlich am Strand. Endlich konnte ich mal so richtig Strandurlaub machen. Einfach ohne Bedenken in die Fluten springen, das Wasser war immer angenehm war. Die Wellen machten riesig Spaß und waren nach einiger Zeit aber ganz schön anstrengend. Man wurde untergetaucht, jauchzte nach Luft, bekam endlich wieder Luft und schon kam die nächste riesen Welle. Die Fluten waren so stark, dass ich leider sogar mein eines Armband aus Bali im Ozean verlor und des Öfteren auch aus der offiziellen Schwimmzone abgetrieben wurde.

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Dann ertönte ein lautes Sirenensignal und ich wurde von den Strandwächtern aus- und zurückgerufen. Einmal sind auch zwei Jugendliche ins Wasser gegangen, die aber offensichtlich nicht schwimmen konnten. Sie wollten wohl vorne nur etwas planschen, aber das Wasser war so gewaltig, dass es sie richtig reinzog. Ich hörte Hilferufe und wollte schon zu ihnen schwimmen, aber die Rettungsschwimmer waren schneller gewesen. Die beiden wurden sicher aus dem Wasser geholt. Anschließend machten die Strandwächter eine ziemlich laute und eindeutige Durchsage: „If you can not swim, please don’t go into the Ocean, I repeat…If you can NOT swim, please do NOT go into the Ocean – thank you!“.

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Ich bin dort auch öfter mal einfach entlang des Strandes gelaufen und irgendwo dann an der Promenade oder über die Dünen wieder auf die Straße und hab geschaut, wo ich war. Das stundenlange Barfußlaufen war für meine Füße einfach richtig angenehm. Und Barfußlaufen ist hier, wie fast überall, eh ganz normal. Es stört auch niemanden, wenn man Barfuß zu McDonalds oder so geht. Eines Tages fing es auf meiner kleinen Wanderung dann plötzlich an, richtig doll zu regnen. War mir aber egal – ich bin einfach gelaufen – barfuß. Diese Freiheit, die ich dabei spürte, war geil.

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An einem Vormittag, als ich in der Stadt war, blieb ich an einem großen, öffentlichen Bildschirm, auf dem dieser Tage die Australian Open gezeigt wurden, stehen. Die Prime Ministerin Julia Gillard war zu sehen und es liefen viele Headlines über den Bildschirm. Einige Menschen standen schon vor dem Bildschirm. Es war der 10. Januar 2010 und im Ort Towoomba im inneren Queensland hatte es auf Grund der diesjährigen sehr starken Regenzeit eine Flutwelle gegeben, die vorher nicht voraussehbar war. Towoomba war gerade mal 190 km westlich von Surfers Paradise. 190 km, das ist für australische Verhältnisse wirklich absolut nichts, ein winziger Katzensprung vielleicht. Zum Vergleich: Nach Darwin sind es von Surfers Paradise etwa 3500 km! Die Flutwelle hatte eine Autobahn überschwemmt und nun Ortschaften, Häuser und Menschen mit sich gerissen. Das ganze Nation war nun in Aufregung und von fortan gab es in Australien kaum noch ein anderes Thema in den Schlagzeilen. Diese Bilder gingen sogar um die ganze Welt. Mir stockte der Atem, als ich die australische Prime Ministerin Julia Gillard sprechen hörte. Sie besitzt eine wirklich beruhigende Stimme und sprach Hilfen aus.

In Surfers Paradise musste ich am Morgen mein Hostel wechseln, da in meinem ersten Hostel keine passenden Zimmer mehr frei waren, in denen ich meinen Aufenthalt hätte kurz noch verlängern können. Es ging nur um 1 oder 2 Nächte, denn ich hatte vor einigen Tagen bereits meinen Greyhound Bus von Surfers Paradise hoch nach Brisbane gebucht. Ich hatte meine Sachen gepackt und im neuen Hostel morgens untergestellt, da die Zimmer noch nicht bezugsfertig waren. Am frühen Abend bin ich dann wieder hin und zog in mein Zimmer ein. Als ich an der Rezeption stand und so grob ein Gespräch von jemand anderem mithörte, wurde ich hellhörig. Die Flutwelle war schnurstracks auf dem Weg nach Brisbane und die Überflutung von Brisbane für morgen Mittag war angekündigt?! Ich fragte daraufhin nochmal bei der Rezeptionistin nach und sie bestätigte. “Das sei, was man überall in den Nachrichten lesen und hören kann, ja”. Ich dankte ihr und dachte nur “mhhh, fuck …?!”. Fährt mein Bus dann morgen überhaupt?!

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Naja, ich lernte meine Zimmergenossen kennen, unter mir schlief irgendein Franzose. Am Abend hörte ich noch etwas Musik, schrieb mit Meiner Freundin und ging irgendwann pennen. Wie in Hostels oftmals nun mal üblich, ging nachts unsere Zimmertür auf und wieder zu, jemand kam und ging. Am nächsten Morgen lag neben dem Franzosen unter mir noch eine weibliche Begleitung im Bett. Beide versteckten sich unter ihrer Bettdecke. Ich wollte gar nicht wissen, was sie dort wieder machten…Den Franzosen konnte ich deshalb gleich mal gar nicht mehr leiden. Kommt her, macht sich breit (klaut mir während meiner Abwesenheit das Bett, wo ich eigentlich schon meinen Rucksack drauf abgelegt hatte um zu zeigen: Hey, ich bin reserviert!) und schleppt direkt in der ersten Nacht ‘ne Französin ab, macht unter mir mit ihr rum und nachts auch noch lärm. Aber ok, ich war dann eh wieder weg, denn ich checkte aus. Ich brachte mein Gepäck im Gepäckraum des Hostels unter, verbrachte den Tag noch in der Stadt und bin dann am Abend zum (Bus)Bahnhof gelaufen. Der Bus war gar nicht so voll, wie ich dachte. War ja aber auch keine Langstreckenfahrt, von Surfers Paradise nach Brisbane sind es nur gut 80 km.

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Jedenfalls hat Azé in St. Marys auch noch ein eigenes Haus, obwohl er die meiste Zeit, also wenn er in St. Marys lebt, eh bei Katy wohnt. Zum Abendbrot hatte Katy etwas ganz leckeres gemacht: Baguette angebacken und einen klein gehackten Tomaten Mozzarella Mix / Salat. Mit dem konnte man sich das Baguette lecker belegen, schmeckte hervorragend! Wir kamen im Laufe des Abends ins Gespräch über Schlangen und Kängurus und ich erzählte über die kleinen Kängurus, die ich in Darwin sehen konnte, die aber so extrem scheu waren. Jimmy erzählte, dass in dem Gestrüpp, also in diesem wilden Park quer gegenüber von Katy‘s Haus, etliche Kängurus leben würden.
Ich sagte, ich sei da schon mehrfach wegen Schlangen gewesen und hätte dort nicht ein einziges Känguru gesehen und würde das daher gar nicht glauben können. Deswegen schnappten wir uns kurzerhand den 4 Wheel Drive von Katy’s Tochter und sind einfach spontan mal mitten in der Dunkelheit dort reingefahren.

Total cool mit so ’nem Jeep einfach durch die Büche zu fahren, es war ganz schön schaukelig. Wir mussten zuerst ein wenig suchen, haben uns dann etwas verfahren, da es ja total dunkel war und das ein ungepflegtes Gebüsch ist. Aber dann in einer Ecke: Überall Kängurus! Und zwar keine kleinen wie in Darwin, sondern richtig große Viecher! Und vorallem sind die nicht sofort abgehauen! Nach ungefähr einer Stunde sind wir dann kurz wieder über die Straße gehuscht und zurück nach Hause.

Als ich am nächsten Tag am späten Nachmittag an der Bahnstation in St. Marys ankam, holte mich Nadja mit ihrem 4-Wheel Drive ab und wir fuhren heim. Dort waren Jim und einige Kumpels am Feiern. Sie sagte typisch “aussie-lässig” zu mir “Yeah, they’re all my husbands mates, it’s his birthday today”. Es gab lecker Essen und natürlich viel Bier. Die Kumpels waren alle echte Aussies und manche von ihnen etwas primitiv, muss ich sagen. Aber auch Manuel war da, den ich ja schon kannte.

Auf meinem Zimmer schaute ich mir am Abend dann das Video von Heiligabend in der Heimat an, das ich inzwischen zugeschickt bekommen hatte. Es bescherte mir sehr unterhaltsame 20 Minuten. In Darwin hatte ich ja eine Art Weihnachtspaket mit allerlei Souvenirs zusammengepackt und Anja mitgegeben, die das Paket dann aus Siegen, Nordrein-Westfalen nach Frankfurt geschickt hat. Jedem der Familie hatte ich eine eigene Tüte gepackt und einen kleinen Brief an den oder diejenige geschrieben.

An die Tüte habe ich von außen dann jeweils den Namen der Person geschrieben, damit man wusste, welche Tüte für wen ist. An Heiligabend gab es dann die Bescherung und jeder packte seine “Wundertüte” aus und kommentierte entsprechend seine Geschenke. Mein Bruder hatte alles gefilmt. Es war so lustig, wie alle auspackten und über meine Geschenke und meine Briefe schmunzelten. Das Video war einfach ein Stück Heimat. Meine Schwester freute sich übrigens sehr über die Koala Hausschuhe, die ich für sie auf dem Queens Victoria Market in Melbourne gekauft hatte.

Am nächsten Tag war dann der 31.12.2010 und ich hatte mich mit Shirley in Sydney verabredet. Am Vormittag fuhr ich schon in die City, da ja zu erwarten war, dass es voll werden würde. Nach ein paar Telefonaten klappte es mit dem vereinbarten Treffpunkt irgendwie nicht, deshalb ging ich direkt zum Eingang des Botanical Garden. Mit Zäunen waren Warteschlangen abgetrennt worden und es wurden Eingangsgates mit Taschenkontrollen eingerichtet. Alkohol war verboten. Es war schon ganz schön voll am Mittag und die Sonne knallte ziemlich. Nach dem ich gecheckt wurde und passieren durfte, empfing mich Shirley, die mit ihren Freunden schon drin war. Sie freute mich nach langer Zeit wieder zu sehen und begrüßte mich erstmal. Dann folgte ich ihr durch den Park, der mit allerlei Buden, Lichtern, Toiletten usw. umgebaut war.

Der Eintritt in den Park war frei. Grundsätzlich muss man sich das Feuerwerk in Sydney so vorstellen: Das große, bekannte Feuerwerk findet von Boten und der großen Brücke im Hafen statt. Der Hafen ist somit Mittelpunkt des Geschehens und wird von allen Seiten umzingelt. Die Zuschauer sind also am Opera House, am Darling Harbour, the Rocks und allen anderen Stellen drumherum. Der Botanical Garden ist auf einem Berg gelegen und bietet daher auch ziemlich gute Sicht auf den Hafen. Innerhalb des Gardens gab es eine abgetrennte Zone für ca. 30.000 Leute. Diese Zone bietet innerhalb des Gardens den besten Blick, da man direkt am Ufer des Hafens ist. Da es noch recht früh am Mittag war, so gegen 13 Uhr, hatte ich noch Glück und erlang eines der heiß begehrten Armbänder, das mir den exklusiven Eintritt in diese Zone ermöglichte. Die anderen waren ja schon früher da gewesen und hatten uns auch bereits einige Sitzplätze ergattert. Am Ufer entlang ließ man sich auf Gras-Hügeln nieder. Blöderweise war der Hügel, den wir hatten ziemlich steil, sodass das Sitzen dort manchmal etwas schwierig war, da es rutschig war.

Aber egal, Hauptsache wir hatten Plätze dort. Shirley stellte mich ihren Freunden vor, die allesamt taiwanesischer Herkunft waren. Überhaupt kam ich mir vor als sei ich der Einzige Europäer dort. Irgendwie war das dort unten der Taiwan Block glaubte ich. Überall Taiwanesen und andere Asiaten, aber ich fand das geil. Es gab innerhalb des abgetrennten Bereichs nochmal einen anderen exklusiven Bereich, der wohl auch Geld kostete, eine Tanzfläche bot und bestuhlt war. Aber das war für uns uninteressant. Ja, jetzt war es also mittags, die Sonne knallte, wir saßen alle zusammen auf der Wiese und durften jetzt noch gut 6 Std warten, bis es dunkel werden würde und bis Mitternacht waren es noch 10 Stunden. Wir unterhielten uns, spielten spiele bzw. ich sah den anderen genüsslich zu, wie sie wild gestikulierend ihre Sprache sprachen. Ab und an ging ich die Treppe hoch, wo die Buden standen, holte mal was zu essen und vertrat mir die Beine. Ich war ziemlich gut drauf.

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Die Stimmung war einfach traumhaft. Es war wolkenfrei und sonnig. Die Leute waren alle gut drauf und es wurden immer mehr. In den Exklusiv-Bereich kam inzwischen keiner mehr neu rein, es war alles voll. Aber ich war ja privilegiert und durfte. Man sah gegenüber am anderen Ufer des Hafens das Opera House und wie es auch dort immer voller wurde. Alle Menschen waren einfach happy und zusammen harrte man aus, ertrug die Hitze. Alle warteten auf den Abend und zwischendurch gab es immer wieder abwechslungsreiche Ereignisse. Eine Dame glänzte am Nachmittag zum Beispiel mit ihrem Auftritt vor den Zuschauern. Da der Bereich am Ufer ja für weitere Besucher geschlossen war, sprang sie irgendwo am Hafen ins Wasser, schwamm bis zu unserem Ufer und versucht dort heimlich und unentdeckt aufzutauchen und einen Platz zu ergattern. Die Security war aber schnell zu Gange, gönnte ihr die Show und den Applaus der Leute. Anschließend durfte sie dann aber doch nicht bleiben und musste weg. Auch ein Kunstflugzeug brachte die Menschen später zum Staunen. Es tauchte irgendwann am Himmel über dem Hafen auf und fing an, Kondensstreifen zu ziehen. Das Lustige war, das die in den Himmel geschriebenen Buchstaben zusammen einen Heiratsantrag ergaben “… u wAnja marry me? :)” Das war schon ziemlich beeindruckend und vor allem konnte man es von überall an allen Seiten vom Hafen aus lesen.

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Später schrieb der Pilot noch irgendwas mit „Jesus“ (?!) und dann noch „R U JK?“ in den Himmel. Erst später erfuhr ich, dass es in Australien immer am 2. Donnerstag im September (2013 war es der 12.09.) einen „R U JK?“ Day gibt. Ein Tag/eine Initiative an dem jeder seinem Nächsten eben genau diese Frage stellen soll. Der Alltag zieht heute so schnell an einem Vorbei, das man oft die Probleme seiner Liebsten um sich herum gar nicht mehr wahrnimmt oder man gar nicht erst merkt, dass es einer Person sehr schlecht geht. Am „R U JK?“ Day soll jeder sich die Zeit nehmen, den Alltag vergessen und sich nach dem Befinden seiner Freunde und Familie erkundigen. Wenn dieser Tag jetzt noch ein landesweiter Nationalfeiertag wäre, dann hätten die Aussies es echt mal drauf!:)

A propros Feiertag: Am 26. Mai ist in Australien übrigens „Sorry Day“, ein Feiertag mit dem den Aboriginals gedacht werden soll. Anlass hierfür sind die sogenannten „Stolen Generations“ (gestohlenen Generationen), mit denen man die erfolgten Zwangsadoptionen von Aboriginalkindern durch die weiße Regierung zwischen 1920 und 1969 bezeichnet. Mischlingskinder wurden damals den Müttern wortwörtlich aus den Händen gerissen, um diese Kinder dann weißen Familien zuzuführen, damit die Kinder unter weißen Australiern aufwachsen und auch entsprechend „weiß“ erzogen werden. Seit 1998 widmet Australien daher den 26. Mai diesen Generationen. Kleiner Exkurs in die GeschichteJ – zurück zu meiner Geschichte im Botanical Garden.

Ich hielt irgendwann noch ein bisschen Mittagsschlaf, verbrannte mir dabei leicht die Schnute, aber Shirley weckte mich rechtzeitig und versorgte mich mit Sonnencreme. Immer wieder machten wir Fotos am Ufer. Nicht nur wir, den ganzen Tag sah man Leute am Weg posieren. Es war ja auch die perfekte Kulisse, so direkt am Hafen und im Hintergrund die Harbour Bridge und das Opera House. Immer wieder machten wir auch Fotos mit der taiwanesischen Flagge und ich lernte den Spruch “Owei Taiwan”, der so viel bedeutet wir “ich liebe Taiwan”.

Ich rief den Spruch ab und an auch irgendwelchen fremden Taiwanesen zu, die sich darüber dann immer freuten. Keine Ahnung, fands irgendwie lustig. Shirley erklärte mir, dass im Jahr 2011 der 100. Geburtstag der Republik China gefeiert wird und deswegen so viele Chinesen und Taiwanesen hier zusammengekommen sind und stolz vor ihren Landesflaggen posieren. Zum Teil war ich mit auf den Fotos, manchmal beobachtete ich einfach nur. Jeder machte irgendwie mit jedem Fotos, es kamen einfach fremde Asiaten dazu, ob man sich kannte oder nicht, verstand ich nicht. Aber lustig wars: Ein Asiate kam, fragte irgendwas auf taiwanesisch oder chinesisch, es folgten ein paar Töne, man kam zum Foto zusammen, grinste, ging auseinander, gab sich die Hände und trennte sich wieder. Naja, aber Shirley und ihre Freunde waren wirklich nett und man sprach auch englisch zwischendurch, damit ich auch was verstand und wir uns unterhalten konnten. So verging also langsam die Zeit und als es dunkel wurde, setzten die Beleuchtungen ein. Auf der Tanzfläche nebenan spielte inzwischen Musik und es gab Showeinlagen.

 

Oben bei den Buden und Toiletten war es sowas von proppe voll, man musste ewig für irgendwas anstehen. Ich war froh, dass wir die guten Plätze unten am Ufer hatten, denn da war der Blick einfach genial und frei aufs Wasser. Oben war man halt im Park und hatte irgendwelche Menschen und Bäume vor sich. So um 21 Uhr etwa begann dann erstmals das Feuerwerk. Jede volle Stunde gab es ein kurzes Feuerwerk, quasi als Countdown und zum Einheizen für die große Show um 0.00 Uhr. Wir hatten jede Menge Spaß und was mich am allermeisten wunderte bzw. was ich bewundernswert fand war, dass überhaupt kein Alkohol Andyss.

Die Menschen waren einfach so gut drauf und hatten Spaß. Oben gab es zwar Dosenbier zu kaufen, aber soweit ich sehen konnte, trank das, zumindest unten bei den Asiaten, kaum jemand. Ich hätte vorher nicht gedacht, dass ich an diesem Silvester trocken bleibe, wirklich nicht. Um 23.45 wurde es dann spannend, da jeder wusste, dass es gleich losgehen würde und die folgenden Bilder um die ganze Welt gehen würden. Ja und um Mitternacht war es dann soweit, das Feuerwerk startete und jeder zückte Kameras und stand mit dem Kopf im Nacken da. Ich machte auch einige Fotos, klar, aber ließ die Kamera irgendwann dann aus, a) weil der Akku eh so gut wie leer war und klar, b) weil man sonst kaum was selber genießen kann und sich nur auf die Fotos konzentriert. Das Feuerwerk war wirklich toll organisiert und beeindruckend. Vor allem die Fontänen direkt an der Brücke haben mir sehr gefallen, denn das hatte sowas glamouröses. Das Feuerwerk ging gut 20-25 Minuten, dann war Schluss. Wir waren alle ziemlich beeindruckt.

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Ich schrieb eine Neujahrs-SMS an Marissa, die ja mit ihren Bekannten in Melbourne feierte und rief bei Meiner Freundin in Deutschland an, wo es ja noch Mittag war. War irgendwie auch lustig. Auch Andy schrieb ich eine SMS, nach reichlicher Überlegung, da in letzter Zeit der Kontakt bewusst ausblieb. Von Miranda wusste ich, dass sie auch in Sydney weilte, denn es war zu Anfang auch eine Überlegung, ob wir zusammen feiern sollten, aber sie entschied sich dann für einen gebuchten Abend auf einem Luxus Boot. Ziemlich teuer so ein paar Stunden auf so einem Dampfer, aber die sahen schon edel und cool aus. Ich hatte die vom Hafen aus gesehen. Es waren so schwarz verglaste Ausflugsschiffe, auf denen dann ein Abendprogramm veranstaltet wurde.

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Doch dann war ich etwas enttäuscht, denn es ging direkt mit dem “zum Ausgang rennen” los. Ich wollte die anderen eigentlich noch überreden irgendwo feiern zu gehen und sich die Kante zu geben, aber irgendwie wollte keiner so Recht. Also begannen auch wir uns recht zügig, dem Menschenstrom anzuschließen. Es dauerte eine gute halbe Stunde, bis wir den Ausgang des Botanical Gardens erreicht hatten. Die Straßen wurden nun von den ganzen Menschen überlagert, jeder lief kreuz und quer, ein ziemliches geiles Stadtbild. Unsere Gruppe lief noch bis zum Bahnhof, was einige Zeit dauerte. Dort trennten sich unsere Wege dann so gegen 2 etwa. Ich verabschiedete mich von allen, danke für den Abend und ginge in Richtung meines Zuges. Ich hatte mir von allen die Facebook Daten notiert, mit einigen stehe ich heute noch in Kontakt. Ich wollte mir eine Fahrkarte kaufen, bemerkte aber dass jeder irgendwie einfach zum Zug ging und ein wildes Umherlaufen herrschte. Ich fragte also kurzerhand einen Beamten der Verkehrsbetriebe, was abging und er sagte mir, dass der Verkehr freigegeben ist und alle Fahrten in dieser Nacht kostenfrei seien würden – ziemlich geile Aktion von denen, dachte ich mir.

 

Übrigens:

Don’ts in Australien

  • Füße im Zug auf den Sitz legen, egal ob mit oder ohne Schuhe -> 150 $AUD (etwa 100 EUR)
  • Schwarzfahren -> 150 $AUD
  • Unangemessenes Fluchen in öffentlichen Verkehrsmitteln -> 150 $AUD
  • Wiederholung dieser Ordnungswidrigkeiten -> bis zu 300 $AUD

Ferner sollte man es dringlichst unterlassen, zu schnell mit dem Auto zu fahren, da nur wenige Kilometer Geschwindigkeitsüberschreitung rasch einige Hundert Dollar kosten. Alkohol trinken in der Öffentlichkeit kostet meist gute 200 AUD und für das Spazierengehen mit dem Hund am Strand, an dem es untersagt ist, kann man auch schon mal eine dreistellige Summe bezahlen.

Ich setze mich in den Zug zurück nach St. Marys, mit mir im Zug einige feiernde junge Menschen, direkt neben mir ein betrunkenes wild rumknutschendes Pärchen. Eine Stunde später, so gegen 3.30 Uhr kam ich dann in St. Marys am Bahnhof an. Das Problem war nun, wie ich genau heim kommen sollte. Ich konnte jetzt schlecht Katy anrufen und sie bitten, mich abzuholen. Irgendwie hatte ich mir vorher darüber keine Gedanken gemacht, um ehrlich zu sein. Ich kannte den Weg zu Fuß nur so wage und außerdem war er sehr lang, da sich die Straßen auf Grund des so riesigen Kontinents alle ausbreiteten und lange ziehen. Das ist in Australien nun mal so. Ich lief also zu Fuß irgendwo hin, kehrte um, lief woanders hin, versuchte jemanden zu fragen, aber niemand war da. Es war halt ein kleiner Vorort wo nachts die Bordsteine hochgeklappt werden und man eine fallende Stecknadel hören kann. Dann kamen zwar Leute, aber die wollte ich lieber nicht fragen…kamen mir zu komisch vor, diese Gestalten. Irgendwann kam mir ein halbwegs normal aussehender Herr entgegen, den ich kurz fragte.

Als ich dann noch etwas weiter lief, erkannte ich die Umgebung und wusste, dass ich auf dem richtigen Weg zu Katys Haus war. Meine Füße schmerzten inzwischen ziemlich von der ewigen Rumlauferei, deswegen entschied ich mich den Rest einfach barfuß zu laufen. Irgendwann so gegen 5 Uhr kam ich dann vor dem Haus an und hatte ein leicht schlechtes Gewissen. Scheisse, wie komme ich nun rein? Ich hatte keinen Schlüssel und innen schien alles ruhig. Also was machen? Ich traute mich nicht, Katy anzurufen. Deshalb klopfte ich vorsichtig an der Haustür, aber es rührte sich nichts. Also rief ich doch kurz an, klopfte kurz und sie machte mir direkt die Tür auf. Katy war nur auf dem Sofa eingeschlafen, es brannte noch ein kleines Licht‘chen. Sie hatte wohl mehr oder weniger auf mich gewartet. Es gab einen kurzen Schlagabtausch, wir gingen beide aber ziemlich schnell auf unsere Zimmer ins Bett. Nadja und Jimmy waren immer noch feiern.

Einige Stunden später, ich lag noch im Bett, rief ich um kurz nach 10 Uhr bei Meiner Freundin in Deutschland an, denn dort war es ja nun kurz nach Mitternacht und wünschte ihr ein frohes neues Jahr. Sie freute sich tierisch und wir telefonierten eine ganze halbe Stunde. So um 12 bin ich dann aufgestanden und zu Katy ins Wohnzimmer zum Frühstück. Ihre Tochter war wohl erst um 10 Uhr morgens heimgekommen und schlief sich nun erstmal ordentlich aus. Ich schwatzte ein bisschen mit Katy…Sie musste gestern Mittag noch arbeiten und kam erst am späten Nachmittag/Vorabend heim. Sie blieb in der Silvesternacht deshalb daheim.

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Am Flughafen angekommen, checkte ich ein und Andyg später dann 3 Stunden lang rechts runter nach Sydney. In Darwin dürfte es inzwischen Vormittag gewesen sein, Sydney war aber zeitlich 1,5 Stunden weiter. Diesmal kam ich am Domestic Airport an, nicht am International. Die Flughäfen haben immer zwei Terminals, zum Teil aber als jeweils eigenständige abgetrennte Flughäfen direkt nebeneinander. Der Domestic Airport ist immer für Inlandsflüge, der International für Langstreckenflüge außerhalb Australiens. Ich rief erst mal Katy auf dem Handy an, um zu fragen wo ich hinkommen sollte. Wir verabredeten uns an einer Pickup-Zone, wo sie mich in Empfang nahm.

Sie freute sich, mich wiederzusehen und wir liefen gemeinsam zum Parkhaus. Ich fand es sehr nett, dass sie mich mit Ihrem Wagen abholen kam. Im Auto folgten dann ein paar Updates über die letzte Zeit und die Weihnachtsfeier von gestern. Katy freute sich wirklich, dass ich nun da war und freute sich, jemandem Sydney und alles drum herum zeigen und erklären zu können. Auf dem Weg zu ihr nach Hause, besuchten wir erst jemanden aus der Familie bzw. aus Azés Familie, weil sie dort etwas abgeben musste. Ich wusste nicht wirklich, wo ich mich befand, so genau kenne ich mich mit den Vororten Sydneys natürlich nicht aus. Jedenfalls hielten wir irgendwo und Katy meinte, die Wohnung, die wir nun betreten werden, sei eine Sozialwohnung. Naja, ich dackelte ihr sozusagen einfach hinterher, begrüßte vorsichtig die Leute, die wir besuchten und wartete eigentlich nur kurz, bis Katy ihre Sachen geklärt hatte. Dann ging es zurück ins Auto und ab auf den Freeway. Wir fuhren knapp eine Stunde. Katy betätigte ab und zu irgendein Gerät an der Windschutzscheibe. Es war so ein Zähler wie diese Toll Collect Teile hier in Deutschland.

Wir fuhren gefühlsmäßig ziemlich lang, doch Katy meinte Sydney sei halt groß, man könnte 3 Stunden fahren und sei immer noch im Großraum Sydney. Unsere Fahrt endete in St. Marys, einem Vorort, 1 Stunde Zug/Autofahrt abgelegen vom Zentrum. Wir waren in meinem neuen Domizil angekommen. Katy besaß ein schönes Einfamilienhaus mit Garage und Palmen auf der vorgelegenen Grünfläche. Rechterhand ging es dann zum Außenpool. Ziemlich schick. Als wir ankamen, waren alle gerade im Pool. Katy stellte mich Daniel, Ihrem etwa 30 jährigem Sohn, seiner Frau, deren Kind Tya (etwa 2 Jahre), ihrer Tochter Nadja (etwa in meinem Alter) und dessen Mann Jimmy vor.

Katy hatte also einen Sohn und eine Tochter, die beide bereits verheiratet waren. Daniel wohnte mit seiner Frau und Tya einige Straßen weiter, Nadja wohnt mit Jimmy noch bei Katy im Haus. Ich setzte mich mit Katy an den Poolrand, erzählte den anderen ein bisschen von mir und hörte ihnen beim Reden zu. Katy ist ja halbe Italienerin und halbe Australierin. Katy war daher nicht die Grandma, sondern die italienische “Nonna Katy”. Das passte aber auch wirklich viel besser zu ihr, denn Grandma klingt so “alt” und halt nach “oma”, aber Katy war alles andere als das und ihr italienisches Temperament hatte sie durchaus, auch wenn sie ihr ganzes Leben in Australien verbrachte. Dann ging ich mit Katy rein, sie zeigte mir das ganze Haus. Es war nicht unbedingt groß, aber schick eingerichtet. Kam man zur Haupttür rein, stand man direkt im Wohn/TV-Bereich, in dem sich auch eine super schicke Küche befand. Katy’s verstorbener Mann war wohl in diesem Metier beruflich tätig und hatte diese Küche selber geplant.

Von dem Wohn/Küchenbereich ging dann ein schlauchformiger Flur ab, der links zum Backyard (Hinterhof) führte, rechts zu Katys Zimmer, links nochmal zum Bad, gerade aus auf der Spitze zum Zimmer von Katy’s Tochter und vorne rechts in diesem Falle dann zu meinem Zimmer.
Ich erhielt, ähnlich wie bei Andy, ein riesiges Bett mit super angenehmer und teurer Matratze. In dem Zimmer war noch ein kleiner TV, den ich aber nie benutzt habe. Ich glaube, er war auch nicht angeschlossen. Ansonsten war das Zimmer aber nett hergerichtet. Auch das Bad war super schick. Es war, wie fast das ganze Haus, vieles aus Marmor und Stein gebaut.

 

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Das war gut, da es kühlte und es ja eh jeden Tag heiß war. Man lief auch bei Katy grundsätzlich barfuß rum, was ich total cool fand, da es gegen meine Fußschmerzen wirkte. Ich packte kurz ein paar Sachen aus und ging dann zu Katy vor und setzte mich zu ihr auf die Couch. Sie schaute fern. Katy besitzt den größten Fernseher, den es zu diesem Zeitpunkt auf dem australischen Markt zu kaufen gibt. Es war ein 60 Zoll Fernseher und es machte riesig Spaß damit fern zu sehen. Der Nachteil bei dem Teil, sagte Katy, sei dass der Fernseher eine solche Hitze verursache, dass Sie deshalb immer die Klimaanlage anmachen muss, wenn der Fernseher läuft. Und die ist halt stromsaugend und auch laut. Dumm gelaufen. Wir zappten rum und unterhielten uns ein bisschen. Nach einigen Minuten redeten wir weniger und ich merkte, wie der ganze Stress der letzten Wochen nachließ.

Ich war saumüde, mir fielen die Augen immer wieder zu, fühlten sich unglaublich schwer an. Kein Wunder, ich war seit über 24 Stunden wach. Dank des Red Bull konnte ich ja vor dem Flug nicht mehr schlafen. Meinen letzten Schlaf hatte ich also in der Nacht vom 24.12 auf den 25.12, an dem die Weihnachtsfeier war. Und nun war der 26.12 nachmittags. Irgendwann fragte ich Katy ob es in Ordnung sei, wenn ich mich in mein Zimmer zurückziehe, da ich müde sei. Sie lachte, weil ich so höflich fragte. Es war natürlich kein Problem. Ich warf mich quer über aufs Bett und war glaub ich nach 5 Sekunden bereits im Land der Träume. Nach gut einer Stunde wachte ich auf und ging zu den anderen raus. Katy schickte ihren Sohn und dessen Frau Abendessen holen. Es gab Kebab, also quasi Döner bzw. in Deutschland kennen wir es als Yufka.

Es waren ja noch einige Tage bis New Year’s Eve. Ich nahm Kontakt zu Louis auf, aber der war leider immernoch am “Fruit picken” in Bundy (Bundaberg). Auch Miranda kontaktierte ich, weil sie auch in Sydney war und wir ein paar Wochen zuvor überlegt hatten, zusammen in Sydney einen Fallschirmsprung zu machen. Leider (Achtung, Wortspiel!) ist sie aber ‚abgesprungen‘, weil sie das Geld für einen teuren Silvester Abend mit einer Freundin auf einem Party-Schiff in Sydney brauchte. Schade, zusammen hätte es bestimmt viel Spaß gemacht! Den Traum vom Fallschirmsprung habe ich daher immernoch.
Andy hatte kurz vor Weihnachten seinen 5-wöchigen Urlaub angetreten und schien mit meiner Abreise wohl doch noch nicht ganz glücklich zu sein. Er schrieb mir eines Abends, dass er einsam sei, mich vermisse und alles irgendwie kacke sei. Ich wusste nicht, wie ich das deuten sollte und schrieb ihm, dass er doch so viele Freunde hat, diese besuchen soll, um Ablenkung usw. zu haben. Ich beließ es dabei.

Am Nachmittag unternahm ich einen Ausflug mit Katy, dessen Schwiegertochter, Tya und Daniel, ihrem Sohn in die Blue Moutains, einem großen Eukalyptus Gebirge in der Nähe von Sydney. Noch im Auto rief Andy dann auf Katy’s Handy an und machte sie ziemlich blöd an. Er warf ihr vor, sie solle mir nichts einreden und sich aus seinen und meinen Angelegenheiten raushalten. Katy wusste natürlich überhaupt nicht was abging. Mir war direkt klar, dass er sich auf die SMS bezog. Aber warum? Was war denn jetzt wieder los?

Katy war innerlich ziemlich geschockt, kannte sie Andy doch eben nur als den so liebevollen und herzlichen guten Freund, mit dem man immer und über alles reden kann. Angemeckert hat er sie noch nie. Andy legte einfach auf. Ich klärte Katy kurz auf, was dem Anruf vorausging, verstand aber wirklich auch nicht, warum er nun wieder so abging. Es war mir ziemlich peinlich, ehrlich gesagt. Gleichzeitig hatte ich Wut auf Andy. Warum zieht er jetzt Katy da mit rein? Er glaubt tatsächlich, Katy hätte mich ihm quasi geklaut und mir nun zuzureden, dass ich auch nicht mehr zurück nach Darwin gehen soll oder irgendsowas. Oh man… Jedenfalls fand ich es peinlich und auch traurig für Katy, da Sie Andy jetzt auch anders kennenlernen musste. Wir waren in den Blue Mountains angekommen und es war deutlich frischer dort oben.

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Es gab dort sogar mal eine alte Achterbahn inmitten den Wäldern, aber leider ist sie nicht mehr in Betrieb. Die alten Stahlreste konnte man noch etwas sehen, sah ziemlich cool aus. Die „Blue Mountains“ haben diesen Namen, da über Eukalyptus Bäumen blauer Dampf/Rauch hochsteigt und auf die Menge des gesamten Waldes gesehen das von den Bergen aus wie riesige blaue Dampfwolken aussieht. So in etwa hat mir Katy das erklärt.
Die nächsten Tage war ich tagsüber meistens in Sydney City unterwegs. Obwohl ich mich ja inzwischen auskannte, liebte ich Sydney! Katy fuhr mich immer zum Bahnhof in St. Marys und gab mir für alle Fälle auch den Namen und die Rufnummer von dem italienischen Café, das ihr Bruder mitten in Sydney-Central betreibt. Dort könnte ich auch hingehen, wenn irgendetwas sei, sagte sie zu mir.

Dann setzte ich mich ‘ne Stunde in den Zug und war in der Stadt. Am Nachmittag fuhr ich dann zurück, rief Katy an und sie oder ihre Tochter holte mich dann mit dem Auto an der Bahnstation ab. Eines Abends fuhr ich mit Katy wieder zum Flughafen, um Manuel, einen Freund bzw. irgendjemand aus Azés Familie abzuholen, der einige Tage in Perth im Urlaub war. Wir hatten noch etwas Wartezeit und holten uns deshalb was bei McDonalds. Auf dem Weg fuhren wir auch an einem Aldi vorbei und Katy erzählte, dass Aldi immer mehr im Kommen sei, Aldi gibt es in Australien erst seit 2001. Es gibt dort ganze 272 Filialen, in Deutschland sind es 2520.

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Ich finde die Anzahl aber dennoch ganz schön viel, da ich mir Australier eigentlich nicht als klassische Discounter Kunden vorstellen kann. Jeder „Normalo“ geht einfach zu den zwei hiesigen Riesen: Coles und Woolworths, die mit real,- vergleichbar sind, je nach Lage aber auch mit kleineren „Express“-Filialen vertreten sind. „Coles Express“ sind in Australien übrigens auch gleichzeitig „Shell“ Tankstellen. Später holten wir dann Manuel ab. Er war ein kleinerer, recht hektischer und enthusiastischer junger Mann, so Anfang 30 etwa und auch mit Migrationshintergrund aus Ost-Timor. Er war nett und sprach ziemlich schnelles, hektisches und nasales englisch. Wir fuhren ihn dann zu sich oder zu Azé’s Haus, ich weiß es nicht genau.

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Am Tag danach trafen sich Alex, Lotty und Andy um auf den letzten Drücker die ganzen Sachen für die Party zu besorgen. Alex war für den Fisch zuständig, denn hier kannte er sich aus. Vollbepackt waren sie, als sie am Mittag zurückkamen. Andy hat Lebensmittel und Deko im Wert von knapp 400 EUR eingekauft. Er war inzwischen im totalen Stress, den er sich aber auch selber machte. Es sollte alles absolut perfekt sein. Und wenn man damit nun mal 1 Tag vorher anfängt, hat man zwangsläufig Zeitdruck. Am Nachmittag kam Andrew mit einem Firmenfahrzeug von Tommos Pie’s, das auch gut gefüllt war. Er hatte haufenweise PET-Dosen RedBull, Cola, Alkohol etc. dabei – richtig cool. Ich hatte meine Reisetasche soweit fertig gepackt, denn meine Abreise nach Sydney stand ja für morgen früh auf dem Plan.

Mein Zimmer hatte ich geräumt, Andy wollte sein Zimmer die Nacht über Andrew und Lotty zur Verfügung stellen, sodass er in der kommenden Nacht bei mir im Bett schlafen wird. Am frühen Abend kamen aber erst einmal die Gäste. In Australien macht man am Weihnachtsabend des 25.12. eine Barby-Party, also ein BBQ-Party. Am 26.12 ist dann “boxing day”, den man eher im Familienkreis feiert und an dem es dann auch Geschenke gibt.
Es war keine riesige Runde, einfach Andy’s engster Bekanntenkreis: Andrew, Lotty, Alex, Steve, Azé, noch ein etwas älterer Herr und eine rothaarige junge Lady, die aber nicht allzu lang blieb, da sie noch auf einer weiteren Feier eingeladen war. Kurzzeitig schaute auch Moana nochmals rein. Wir saßen bei tropischer Hitze im Garten, wedelten uns gegenseitig mit Palmenblättern Luft zu und genossen Alkohol und gutes Essen in einer netten Runde. Je später der Abend, desto mehr Alkohol Andyss irgendwie. Alex konnte natürlich nie genug kriegen und mixte auch mir dann irgendwelche abstrusen Cocktails zusammen. Mir war schon ziemlich übel. […]

Es war dunkel geworden und begann fürchterlich zu regnen. Der ältere Herr, der inzwischen auch gut betrunken war, hatte eine tolle Idee: Zeigen wir dem Deutschen doch mal was ein Aussie in einer solchen Situation macht. Genau, nackt durch den Regen rennen und dicke Frösche suchen, die sich erst bei feuchtem Regenwetter zeigen. Ich dachte, er spinnt. Er wollte ernsthaft mit mir nackt durch den Garten rennen. Andre und Lotty meinten, er habe Recht und das müsse man machen. Aber ich scheute, lief dann aber ihm zu Liebe zumindest mit nacktem Oberkörper ums Haus. Er hatte eine Taschenlampe in der Hand und meinte, mir unbedingt die dicksten Frösche finden und zeigen zu müssen. Nach ein paar Minuten frischem Regenschauer hatten wir glaube ich vielleicht einen Frosch gefunden, aber naja, er hatte seinen Spaß. […] Danach rief ich die Taxizentrale an und bestellte mir ein Taxi für 5 Uhr vor. er hatte seinen Spaß. […] Danach rief ich die Taxizentrale an und bestellte mir ein Taxi für 5 Uhr vor.

Es war inzwischen sehr spät, sicher 1 Uhr nachts oder so. Wir saßen mit Andrew, Lotty und Andy noch in gemütlicher Runde auf der Terrasse. Die Musik war inzwischen aus und alles war insgesamt ruhiger geworden. Ich liebte es, wie man nachts die Frösche quaken hörte. Alex lag auf Grund seines hohen Alkoholpegels schlafend auf der Couch, Steve war auch auch irgendwo eingepennt. Auch ich verabschiedete mich dann so gegen 2 Uhr schon mal bei Andrew und Lotty, dankte Ihnen für alles und wünschte Ihnen alles Gute. Danach ging ich mich hinlegen, doch vergebens. Ich spürte das verdammt viele Red Bull, das ich zu mir genommen hatte, in mir wirken. Ich hatte zwar viel Alkohol getrunken und müsste daher eigentlich müde sein bzw. ich war es sogar, aber noch mehr hatte ich Red Bull und Co. getrunken, sodass dieses Zeug dem Alkohol entgegenwirkte. Ich war müde, lag aber trotzdem einfach nur wach, bis etwa 4 Uhr morgens. Ein komisches Gefühl.

So bin ich dann am frühen Morgen also aufgestanden, um meine letzten Kleinigkeiten noch zusammen zu packen. Mit Andy hatte ich vereinbart, ihn kurz zu wecken, wenn es losgeht. Er regte sich erst mal nicht. Als ich kurz in der Küche einige Sachen richtete, wurde Alex kurz wach und faselte im Halbschlaf irgendwas in seinen Bart. Keine Ahnung…aber ich musste schmunzeln. Er war einfach zu lustig, weil er immer total besoffen quer irgendwo hinfiel und einpennte. Ich war also alleine wach, alle anderen lagen irgendwo schlafend im Appartement rum. Gegen 4.45 Uhr kam Andy dann doch noch raus. Er war ziemlich in sich gekehrt, redete kaum. Aber klar, er kam gerade wahrscheinlich aus dem Tiefschlaf. Die Natur beobachtend und halb schlafend saß er auf der Veranda, während ich noch alles meine allerletzten Sachen erledigte.

Gegen 5 Uhr kam dann tatsächlich pünktlich das Taxi und ich nahm Abschied von Andy. Er war recht traurig über meine Abreise, drückte mich, wünschte mir viel Spaß und alles Gute für meine weitere Reise und lies Katy über mich grüßen. Außerdem bezahlte er den Taxifahrer schon im Voraus für mich. Ich hätte gedacht, der Abschied wäre seinerseits dramatischer, aber er war wirklich total übermüdet und nur mit halbem Bewusstsein anwesend glaube ich. Er war ja erst gegen 3 Uhr ins Bett gegangen.

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Ich versuchte seit einigen Tagen erfolglos mein Geburtstags/Weihnachtspaket ausfindig zu machen, das meiner Mutter mir schon im September nach Darwin geschickt hatte. Mehrmals rief ich bei der Hotline der Australia Post an und bin auch persönlich ins Postamt, aber keiner konnte dort irgendwas ausfindig machen. Vor allem, weil ich keine Sendungsnummer parat hatte, da es sich um ein DHL Päckchen und nicht um ein DHL Paket handelte. Ich beschloss, einfach abzuwarten und unternahm irgendwann nichts weiter mehr.

Andy war die Tage sichtlich aufgeregt, vor allem weil Alex wieder ziemlich Stress schob. Weihnachten stand vor der Tür und Andy wollte eine Weihnachtsparty veranstalten. Langsam standen die Planungen bevor.

Der Höhepunkt kam aber in der Nacht vom 23.12 auf den 24.12.2010, als ich abends alleine zu Hause war. Andy kam nach der Arbeit nicht Heim. Ich ging um 23 Uhr oder so zu Bett, machte meine Zimmertür normal zu. Innerlich war ich natürlich wieder unruhig. So um Mitternacht oder so hörte ich dann Geräusche, es waren Alex und Andy. Sie waren am Streiten. Und stock besoffen. Alex riss meine Zimmertür auf und rief in seinem französischen Englisch nur “hey germaaan, c’mon get up’. Toll, dachte ich, das kann ja was werden. Andy war total aggressiv und sauer auf Alex. Alex aber nuschelte immer irgendwas und versuchte Andy immer grinsend zu beruhigen. Dadurch wurde Andy vermutlich noch wütender und warf Alex schlicht weg vor die Tür. Alex klopfte und wollte wieder rein, Andy rastete komplett aus, rief nur noch “Fuuck offff”. Das kann man sich anhand dieser Zeilen kaum vorstellen, aber ich dachte echt jetzt geht’s echt rund.

Es war mitten in der Nacht und keine 10 Minuten später stand auch noch Bob an der Tür und war leicht angepisst von dem Theater. Ich hätte gedacht Andy würde zumindest vor Bob, zu dem er jetzt nicht sooo ein enges Verhältnis hat, Halt machen und sich vielleicht entschuldigen, aber im Gegenteil. Bob rief er nur böse zu, er soll abhauen, bevor noch was passiert und so weiter. Andy rief lautstark Andrew an und entschuldigte sich, weil er dieses Jahr nun keinen Weihnachtsparty machen wird. Es tue ihm leid, er hätte es zwar gerne getan, aber er hat keine Kraft mehr und keine Lust mehr und alle kotzen ihn an. Für Andrew, seinen besten Mate (Kumpel) tue es ihm zwar leid, aber sie sollten sich bei Alex bedanken. Ich dachte mir, dass er da eh gerade nur vor sich hin redet, da er gerade was diese Weihnachtsfeier an geht, in den letzten Tagen bestimmt 3-4 Mal seine Meinung gedreht hatte. Erst hieß es, er macht eine und lädt alle ein, dann nicht mehr, dann doch, am Ende wieder nicht und dann konnte er sich doch wieder aufraffen, alle zu sich einzuladen. Irgendwann war mir das alles zu heftig, ich konnte nicht mehr und verschloss mich in meinem Zimmer. Ich hörte später noch Gegenstände scheppern und Andy fluchen. Irgendwann bin ich eingeschlafen.

Gegen 11 Uhr wachte ich auf. Es war ruhig, keiner schien wach zu sein. Ich wagte es vorsichtig, meine Tür aufzumachen und lunzte raus. Einige Schritte vorwärts gelaufen, fand ich jede Menge Glassplitter auf dem Boden. Die 3 Deckenventilatoren liefen wohl die ganze Nacht durch. Auch das Licht war noch an, obwohl es draußen längst hell war. Auf dem Sessel sah ich dann Alex völlig schräg liegend in halber Schlafposition. Die Zimmertür von Andy’s Schlafzimmer war geschlossen. Der Wohnbereich war unaufgeräumt und sah aus wie ein Schlachtfeld. Ich begann langsam und ruhig mit Handfeger und Schaufel die Scherben wegzufegen – da wachte Alex auf. Halb besoffen wünschte er mir einen guten Morgen und fragte mich nach einem Bier. 2 Minuten später war er für eine viertel Stunde lang wieder eingeschlafen. Nachdem er aber aufgestanden war, nahm er sich ein Bier und stürzte sich in Französisch-Englisch mit den Worten “Hello, Darling!” in Andy’s Zimmer, der ihn natürlich direkt rauswarf.

Ich frühstückte und war ein bisschen am Laptop. Als Andy dann am frühen Mittag aufgestanden war, rauchte er auf der Veranda eine Zigarette und war relativ ruhig und in sich gekehrt. Er hatte Alex zwar in der Nacht rausgeworfen, aber wohl auch wieder reingelassen. Alex nahm die letzte Nacht wie immer mit Humor und versuchte sich grinsend für alles zu entschuldigen. Andy war sich bewusst, dass Alex ihm nicht gut tut, ihm dauernd nur Ärger bringt und machte sich das immer wieder erneut klar, in dem er es zum Ausdruck brachte. Der ausschlaggebende Punkt für das ganze Theater war wohl, dass Alex am Abend im Monsoon einen guten Champagner im Wert von locker 200 EUR spendiert hat, die Kosten dann aber auf Andy abgedrückt hat und er sich dann natürlich verarscht vorkam.
Er schwor sich immer wieder, mit Alex nie wieder irgendwo trinken zu gehen. Seine Vollausraster waren immer wie eine ziemlich heftige Explosion, wie ein Urknall, bedingt durch vorhergehende Ärgernisse. Danach war er total kraftlos. Zumindest für einige Stunden.

Naja, als ich mich auf den Weg in die Stadt machte, saßen Andy und Alex jedenfalls wieder bei einem Bier zusammen und hatten sich wohl mehr oder weniger vertragen. Ich fuhr mit dem Bus in die City, lief zur Esplanade und setzte mich auf eine Bank (leider nicht “meine” Bank, die war besetzt). Ich machte meinen mp3 Player an, wählte ein trauriges Lied aus und fing bereits nach dem Anklingen der ersten 3 Sekunden direkt an zu weinen. Mir war dieses ganze Hin- und Her mit Weihnachten, dieses ganze Geschreie, dieser ganze Zoff mit Alex einfach zu viel.
Und vor allem: Heute war Weihnachten – jedenfalls für mich. In Australien fängt Weihnachten erst am 25.12 richtig an, aber innerlich war für mich schon irgendwie ein bisschen Heilig Abend. Ich musste an meine Familie zu Hause denken und daran, wie sie wohl gleich aufstehen werden und traditionell den Weihnachtsbaum aufstellen und schmücken werden – dieses Jahr ohne mich. Und ich? Sitze hier alleine auf einer Bank und heule. Ich fühlte mich nicht gut.

Am späten Mittag war ich zum Skypen mit meiner Mutter und meinem Bruder verabredet. Ich ging also in das von Andys Familie geführte Internet Café und rief in Frankfurt an. Meine Mutter bemerkte meine innerliche Unruhe wohl sofort und fragte direkt zu Beginn, ob irgendwas passiert sei. Ich verneinte und wechselte relativ schnell das Thema, weil ich ihr den ganzen Stress, den ich hier in der letzten Zeit hatte, einfach nicht erzählen wollte. Es tat gut, die beiden zu hören und zu sehen. In Deutschland war es gerade erst 8.30 oder 9.00 Uhr und die beiden waren wohl gerade erst aufgestanden.

Wir tauschten uns jedenfalls gut 1-2 Stunden über das anstehende Weihnachtsfest und die Geschehnisse der letzten Zeit aus. Ich erzählte, dass Andy eine Weihnachtsfeier machte, verschwieg aber, dass seit letzter Nacht nicht mal mehr das wirklich fest stand und ich nicht genau wusste, wie ich Weihnachten verbringen werde. Nachdem wir Schluss gemacht hatten, ging ich noch zum Subway, war noch ein bisschen in der City unterwegs und machte mich dann wieder zurück nach Hause. Dort war Andy jetzt in vollem Gange die Bude zu putzen. Er hatte sich jetzt im letzten Moment eindeutig entschieden, die Weihnachtsparty doch noch zu veranstalten. Ich half ihm, abends holte ich für uns beide beim Asia Imbiss um die Ecke Take-Away Essen.

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Da ich jetzt auch nicht mehr groß Lust hatte, mir noch länger eine Mitfahrgelegenheit zu suchen, buchte ich kurzerhand eine 1-Tages-Tour über einen Reiseveranstalter. Abgeholt werden sollte ich morgens gegen 6 Uhr direkt vor unserer Unit in Parap. Ich stand pünktlich auf der Straße, wurde direkt von einer toten, auf die Straße gefallenen, Fledermaus begrüßt. Doch dieser verdammte Bus kam nicht. In leichter Panik rief ich irgend so ein Tourism Office oder so an, jedenfalls eine Nummer, die ich bei der Buchung erhalten hatte. Dort sagte man mir, man wird den Fahrer der Tour anrufen und nachforschen, was los sei. Ein paar Minuten später, rief mich das Büro wieder an und sagte, der Fahrer sei schon da gewesen, aber irgendwie auf der anderen Seite des Hauses oder so und da sei ich dann nicht erschienen. Jedenfalls würde er zurückfahren, um mich noch zu holen.

Die Reisegruppe war nicht allzu groß, wir waren um die 10 Leute. Es ging dann mit dem Bus und dem Guide Richtung Kakadu Park. Einen Zwischenstopp legten wir irgendwo im Hinterland von Darwin ein, in einer Art Begegnungs – Informationszentrum der Aboriginal Kultur. Dort ließen wir uns auf dem Boden nieder und eine junge Dame, sie war Ureinwohnerin, also Aboriginal, erklärte uns an Hand von ein paar handgefertigten Gegenständen ein paar Informationen über die Vergangenheit und Handwerksarbeit der Aboriginals im Northern Territory. Man konnte die Dinge anfassen und auch selber Fragen stellen. Mir kam das ein bisschen komisch vor, ich meine es war zwar keine Verkaufsveranstaltung, aber trotzdem war dieses Treffen und das Zusammensetzen auf dem Boden irgendwie so strikt vom Tourveranstalter vorgebucht und vorgeplant gewesen. Nach gut 45 Minuten fuhren wir dann weiter. Am Kakadu, der übrigens knapp 20.000km² groß ist und über den es zahlreiche Lieder gibt, angekommen ging es dann als Gruppe zu einem Rundgang und vor allem auf einen Yellow Water Cruise.

Das ist eine Bootstour auf dem Yellow Water Billabong, in dem einige Krokodile leben und man eine herrliche, weite Sicht auf das grüne freie Land in der Ferne hat. Hier wurde unter anderem auch der Film “Rogue – im falschen Revier” gedreht, der das Drama der auf Wahrheit beruhenden Geschichte eines menschenfressenden Krokodils nacherzählt. Alle Teilnehmer auf der Tour wollten vor allem ein solches Krokodil sehen und als eines gesichtet wurde, stellte der Bootsführer direkt den Motor aus, um es nicht zu erschrecken. Wir schipperten in völliger Ruhe einige Minuten daher und in der Ferne sah man schon, wie sich ein nächstes Unwetter zusammenbraute.

Über dem freien Land erblickte man Vögel, von denen man meinen konnte, sie spüren das drohende Unwetter bereits. Die Atmosphäre war eine ganz besondere, es herrscht dort einfach eine unglaubliche Natur und wenn alle still sind und die Natur auf sich wirken lassen während das Krokodil vor einem sitzt, ist das atemberaubend. Was für viele nervenzermürbend war, waren die immer wiederkehrenden kleinen Fliegen/Moskitos. Da muss man echt Geduld haben. Für mich war es kein Problem, ich bin da eher ruhig veranlagt, ich finde, gerade die Moskitos geben einem erst das richtige, tropische Feeling, dort oben im Northern Territory.

Nach der Tour ging es dann zu einem Infopoint, wo auch ein kleines Café vorzufinden war. In unserem Tourpreis war ein kostenfreies Frühstücksbuffet integriert, sodass wir uns nun kostenlos bedienen durften. So kamen wir alle noch ein wenig ins Gespräch. Die Reisegruppe war an sich vollkommen in Ordnung, es waren unterschiedliche Nationalitäten dabei, aber der einzige Deutsche war ich natürlich nicht. Eine andere deutsche junge Dame deren Namen ich jetzt leider nicht mehr weiß, war nur 3 Wochen in Australien und gerade erst 2 Tage vorher aus dem eiskalten Deutschland angereist. Für sie war es herrlich, jetzt bei den tropischen Temperaturen im Top End die Vorweihnachtszeit zu genießen.

Wir sind in Australien: Immer schön links bleiben!

Wir sind in Australien: Immer schön links bleiben!

Strand bei Ebbe - Regen zieht auf, Darwin

Strand bei Ebbe – Regen zieht auf, Darwin

Wandmalerei aus einer Schule der früheren Aboriginals

Wandmalerei aus einer Schule der früheren Aboriginals

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Es folgten noch ein paar geführte Touren zu bestimmten Ausschaupunkten, am Nachmittag fuhren wir dann wieder zurück nach Darwin.

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Ich checkte am nächsten Tag also wieder aus und fuhr mit dem Bus nach Parap. Ich ging über die Terrasse rein, die Tür war wie immer offen. Übrigens gibt es in Australien irgendwie kaum Klingeln. Außer jetzt vielleicht in mehrstöckigen Bauten, wie bspw. dem Apartment wo wir kurz vor unserer Reise zur Great Ocean Road bei Holger zu Besuch waren. Da gab es Klingeln und eben das Eingabefeld für den Türcode. Aber sonst, bei Häusern, die ebenerdig sind mir irgendwie nirgends Klingeln aufgefallen.

Es lief Radio und Andy war am putzen und sich richten. Es war ungewöhnlich in in langer Jeans zu sehen. Normalerweise trägt man hier in Darwin keine langen Hosen. Die Menschen hier besitzen üblicherweise nicht mal eine Jacke in Ihrem Kleiderschrank. Brauch man ja auch nicht, wenn es das ganze Jahr über nicht kalt wird. Andy begrüßte mich wieder zurück zu Hause, entschuldige sich kurz für alles und sagte dann, dass er gleich auf eine Geburtstagsfeier eingeladen sei. Ich fands ganz cool, so hatte ich die Unit für mich und meine Ruhe. Er wirkte doch wieder recht normal mir gegenüber und nicht mehr sauer. Er wollte ab nun besser mit mir umgehen, so sagte er. Während den nächsten Tagen war erst mal wieder alles normal.
Als ich eines Morgens wieder in die City kam und in Andy’s Shop reinschaute stand er dort mit einer kleinen, gut 40 jährigen Dame und stellte mich ihr gleich vor. Ihr Name ist Kathy und sie kommt aus Sydney.

Sie ist die Frau bzw. Lebensgefährtin von Azé, einem alten Halb Osttimor – halb australischem Schulfreund, der derzeit in Darwin lebt und arbeitet, da er von Sydney wohl einfach mal eine kleine Pause brauchte. Kathy ist halb Italienerin und halb Australierin. Ihr italienisches Temperament merkt man ihr sofort an. Es folgte also ein kurzer Plausch was ich so gemacht habe und plane und so weiter. Ihre Art so extrovertiert und australisch zu reden, gefiel mir und ich fands cool, jemanden vor mir zu haben, der wirklich in Sydney lebt. Als ich dann sagte, dass ich ja eigentlich zu Neujahr auch gerne in Sydney wäre, aber mich nicht früh genug drum gekümmert habe und alles viel zu teuer sei, war das schon nach 20 Minuten, die seit unserem Kennenlernen nun vergangen waren, alles kein Problem mehr für sie. Völlig selbstverständlich bot sie mir an, über Neujahr bei ihr zu schlafen. Ich war natürlich erst skeptisch und etwas zurückhaltend, aber sie vollkommen überzeugt. Sie zückte direkt ihr Handy und zeigte mir Fotos von meinem zukünftigen Schlafzimmer.

Es war das von Azé, der ja aber aktuell und wohl auch noch über Neujahr hinweg in Darwin lebt. Ich dankte, nahm ihr Angebot erst mal zur Kenntnis und sagte, dass wir das später nochmal genauer besprechen. In Darwin war sie die Tage im Holiday Inn oder im 4Seasons untergekommen, ich weiß es nicht mehr genau, aber es war ein schickes Hotel. Ich weiß nicht genau, wo Azé hier in Darwin lebte, aber jedenfalls schlief sie im Hotel und nicht bei ihm. Sie war vorher noch nicht hier oben und kannte sich noch nicht gut aus, deshalb lief ich mit ihr zum Woolworth’s rüber, um mit ihr ein paar Sachen einzukaufen. Anschließend ging sie in ihr Hotel und am Mittag trafen wir uns alle, also Andy, Anja, Kathy, Azé und auch ich im Monsoons zum Mittagessen. Dort lernte ich Azé dann auch mal kennen.

Es war ein gut aussehender braun gebrannter junger Mann mit halb Glatze bzw. sehr kurzen Haaren. Azé und Kathy waren im Prinzip genau gegensätzlich. Sie ist die total extrovertierte Lady mit halb italienischem Temperament und er grinst ab und zu, ist aber ansonsten ziemlich ruhig und lässt seine Dame gerne viel reden. Kathy stellte mir Azé als “He’s my asshole’ vor und erklärte, dass sie ihn immer so nennt, weil er einfach ein Arschloch sei. Aber halt eines, das sie liebt. Das Ganze war natürlich lustig gemeint und so sagte sie das auch. Azé sagte nicht viel dazu, er schmunzelte und ließ oft nur seine Augen und seine Mimik sprechen.

Ja, Katy besuchte also gut 1 Woche lang Darwin und fühlte sich bereits nach dem ersten Tag total gelangweilt. Die Stadt war ihr zu klein und mit zu wenig Menschen. Ich verstand sehr gut was sie meinte. Sie vermisste ihre Stadt und freute sich schon auf den Rückflug nach Sydney.
Als die beiden am letzten Tag vor Katys Rückreise noch mal bei Andy und mir in der Unit zu ein paar “nibbles” (wie man kleine Häppchen in Australien nennt) vorbeikamen, stand ich mit Katy in der Küche und schnitt Tomaten. Im Gespräch erzählte sie mir dann, dass Azé ihr früher schon fremdgegangen war und sie jetzt glaubt, dass er es wieder tut, sie aber keinen konkreten Verdacht hat. Ich wusste jetzt auch nicht, was ich ihr da sagen oder raten soll, war aber überrascht darüber. So hätte ich ihn eigentlich nicht eingeschätzt.

Wir saßen alle bei Bier und Wein auf der Veranda und unterhielten uns über Andy’s und Azé’s gemeinsame Kindheit im Kloster und über viele andere Dinge. Als wir uns später alle verabschiedeten, Andyssen bei Katy einige Tränen. Sie hatte in Andy einen perfekten Gesprächspartner gefunden, mit dem Sie über alles sprach. Er kannte Azé sehr gut und durch seine Homosexualität ist Andy oft der perfekte Kumpeltyp für Frauen. Katy lernte Andy in dieser einen Woche kennen, lieben und schätzte ihn sehr. Seine Lebensfreude und offene herzensgute Art faszinierte sie. Klar, mir ging das in den ersten Tagen und Wochen, als ich Andy kennenlernte genauso. Aber Katy kannte Andy’s andere Seite nicht, dachte ich mir innerlich. Sie tauschten noch Nummern und Adresse aus und gingen dann Heim bzw. ins Hotel.
Andy kennt ja recht viele Leute und so kam es auch, dass er öfter bei irgendwelchen reichen Bekanntschaften aus Darwin gegen ein bisschen Geld auf offiziellen Empfängen servierte. Er fragte mich, ob ich mithelfen würde, aber ich lehnte natürlich ab. Er hätte mir zwar einen passenden Anzug besorgen können, aber auf solchen Veranstaltungen Champagner zu servieren lag mir wirklich nicht. Ich überließ das dann lieber ihm und Alex.

Ja, Alex und sogar auch einmal Anil waren dabei. Zu Andy’s Leidwesen. Schon nach dem ersten Mal, bei dem Alex Andy zu Seite stand, gab es riesen Zoff. Ich weiß heute noch, wie sie sie sich bei uns in der Unit alle schick machten und mir Alex seine extra für ihn maßgeschneiderten Schuhe für 300 EUR zeigte. Als sie jedenfalls wiederkamen, war Andy total sauer auf Alex, weil Alex einfach nicht auf ihn hörte. Andy sah sich halt als Chef der Gruppe, vor allem weil er die Veranstalter und viele andere Leute selbst kannte und Alex, Anil etc. von sich aus mitbrachte und anlernte. Aber Alex kommt ja wie schon erwähnt aus steinreichem Haus und wollte das wohl auch zeigen. Er ordnete sich Andy halt nicht unter und meinte, er weiß wie man mit den dortigen Besuchern umgeht.

Ich persönlich kann es nicht beurteilen, ich war nie mit gewesen, aber kann es mir von den Erzählungen ziemlich gut vorstellen. Es waren unter anderen Veranstaltungen aus dem Hause Paspaley Pearls, dem größten Perlen und Diamanten Hersteller und Händler in Australien, die in Darwin ihr Headquarter haben. Es ist ein langjähriger Familienbesitz in mehreren Generationen. Auf diesen Veranstaltungen traf sich eben die High Society und gab dort mitunter auch mal 30.000 AUD für eine Kette aus.
Interessiert hätte mich so ein Empfang zwar schon mal, aber auf die ganzen Leute, mit denen Andy und ich dann hätten reden müssen und die hochsensible Beachtung von bestimmten Verhaltensregeln hatte ich keine Lust. Katy war vor einigen Tagen bereits abgereist, doch sie rief ziemlich häufig bei Andy an, um zu reden. Abends als wir bei Bier, Wein und Essen zusammen saßen klingelte sein Handy und manchmal sprachen sie über 2 Stunden hinweg. Ich sprach auch ab und zu kurz mit ihr, aber sooo viel hatten wir dann auch nicht zu reden.

Azé war ja noch immer in Darwin und schaute abends ab und zu mal bei uns vorbei. Sein Lieblingsgetränk war Jim Beam Bourbon Whiskey mit Cola, das er auch selber immer mitbrachte. Als dann an einem Abend auch Andy’s gute Freundin MoAnja anrief, lud Andy sie direkt ein kurz rüber zu kommen. Ich weiß noch, dass mich das damals ziemlich genervt hatte, da ich mich an dem Abend auf einen ruhigen Abend allein gefreut hatte, aber nein, Andy lud direkt wieder jemanden ein. MoAnja kannte ich noch nicht persönlich, deshalb erzählte Andy natürlich von mir.
Jedenfalls saßen wir dann bei ein paar Bier und Joints mit Azé und MoAnja zuerst draußen zusammen, als es dann aber fürchterlich anfing zu regnen, ging es in gemütlicher Runde drinnen weiter. Im Gespräch mit MoAnja erwähnte ich, dass ich bald auch in den Kakadu National Park möchte. Sie bot mir daraufhin an, einen Freund zu kontaktieren, der im Kakadu Hubschrauberflüge anbietet. Ziemlich cool dachte ich, wenn das das klappen würde ?! Leider wurde daraus aber nie etwas, im Kakadu war ich zwar, aber den halb geplanten Hubschrauberflug gab es nie.

Zwischenzeitlich schmiedete ich einige nähere Pläne hinsichtlich Silvester. Über Facebook stand ich ja nach wie vor noch regelmäßig mit meinen Bekanntschaften aus Melbourne in Kontakt. So stellte sich heraus, dass Marissa zwar über Silvester leider nicht nach Sydney fliegt, aber dafür Shirley mit einigen taiwanesischen Freunden. Ich mein, so innig war unser Verhältnis in Melbourne jetzt zwar auch nicht, aber Shirley bot mir an, mit ihr und ihren Freunden zu feiern. Und da ich die Asiaten eh sehr gerne mag, freute ich mich riesig und sagte ihr zu, so dass wir uns alle in Sydney treffen werden. Mein Plan war es dann, Weihnachten noch in Darwin zu sein und am 26.12, also am Boxing Day, dem Tag nach dem Weihnachtsfest (Weihnachten ist in Australien auch am 25.12.), dann nach Sydney zu fliegen. Ich schreib Katy vorsichtig eine SMS, da ich ja irgendwie fragen wollte, ob das ihrerseits in Ordnung ginge.

Immerhin käme ich ja dann schon etwas vor dem 31.12 und auch noch direkt am Boxing Day. Doch für sie ging das in Ordnung. Als ich Andy später davon erzählte, war er nicht sehr erfreut. Zunächst mal war es für ihn selber nicht schön, dass ich am Boxing Day, an dem für ihn als Katholik so wichtigen Tag, Darwin und damit auch ihn verlassen wollte. Am Boxing Day verlässt man eine andere Person nicht. Nun war es aber so, dass ich halt die Flugpreise verglichen hatte und der beste Flug nun mal der am Boxing Day war. Es gab zwar noch welche die so günstig waren, aber dann hätte ich noch vor Weihnachten fliegen müssen. Und nach Weihnachten werden vor allem die Flüge nach Sydney besonders teuer. Ich fand, er dramatisierte, aber ok. Und zum zweiten fand er es unhöflich von mir, Katy an diesem Tag, also noch in der Weihnachtszeit mit meiner Ankunft zur Last zu fallen. Er sagte, ich sollte sie anrufen und mit ihr vereinbaren, dass ich wann anders komme. Aber ich wollte nicht, preislich gesehen und überhaupt, machte es einfach 0 Sinn. Ich wollte ja eh so schnell wie möglich nach Weihnachten aus Darwin weg, zu lang war ich jetzt schon hier.

Außerdem habe ich wirklich ganz höflich und vorsichtig bei ihr angefragt und auch gesagt, wenn sie selber mit der Familie Weihnachten in Ruhe feiern möchte, sei das gar kein Problem, dann würde ich selbstverständlich nicht am 26.12. anreisen. Aber sie hatte wirklich nichts dagegen und somit hatte ich eigentlich auch kein schlechtes Gewissen mehr. Schließlich rief Andy Katy doch nochmal kurz an, um sich quasi nochmal zu entschuldigen und nachzufragen, ob das wirklich alles in Ordnung geht. Naja, so ist Andy halt. Letztendlich blieben wir beim 26.12. als Termin für meine Abreise nach Sydney und ich buchte den Flug. Ich war innerlich ziemlich happy, da ich ein neues Ziel, eine neue Etappe, ja ein neues Abenteuer fest vor Augen hatte. Andy war etwas traurig, aber das legte sich recht schnell wieder. Was ich auf jeden Fall noch machen wollte, war eine Tour  zum Kakadu National Park.

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Ich klapperte nach und nach die Pinnwände in den Hostels ab, wo jedermann seine Angebote und Suchanzeigen hinklatschte. Es waren jede Menge interessante Dinge dabei, aber keine für mich passende Anzeige.

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Ich fuhr nach Feierabend öfter mal mit Anja im Auto mit und sie lies mich dann, nach einem Zwischenstopp im Bottle Shop um für Bier Nachschub zu sorgen, in Parap bei Andy raus. Eines Tages sagte Andy mir dann, ich soll sie ruhig noch kurz reinbitten, wenn wir in der Unit ankommen und ihr ruhig auch noch ein Bier anbieten. Komischerweise, denn in abendlichen Gesprächen einige Tage vorher erzählte er mir, Anja sei für ihn größtenteils nur eine Arbeitskollegin, keine enge Freundin. Deshalb käme sie auch nicht oft zu uns und er will das auch nicht unbedingt. Naja, jedenfalls erlaubte er mir sozusagen, mich als Gastgeber auszugeben und ihr noch ein Bier anzubieten. Das war dann soweit alles auch in Ordnung.

Einige Tage später fuhr ich wieder vor Andy heim und fing schon mal an, bisschen was zu kochen. Schöne, leckere Chicken Drumsticks, Reis und Wok-Gemüse. Jedenfalls wartete ich dann auf Andy, doch er kam nicht. Als es gegen 19 bzw. 20 Uhr dunkel wurde, klopfte Bob, unser Nachbar an der Scheibe. “Oh nein”, dachte ich, “nicht ihmchen schon wieder”. Ob ich ihn verstehen werde? Er kam und wollte mit Andy schwätzen. Ich erklärte ihm, dass Andy noch nicht daheim war, ich gekochte habe und selber auf Andy warte. Damit hatte er nicht gerechnet – es folgte also etwas Small-Talk. Bob war vielleicht knapp 10 Minuten da, bis er wieder in seine Unit verschwand. Ich schaute weiter fern und war ein bisschen am Laptop. So zwischen 21 und 22 Uhr etwa kam Andy dann ziemlich betrunken heim. Ich war in meinem Zimmer, als ich ihn laut “tobyyyy, my german man, where are you?”, “are you here?”, “Can you open the door?”, rufen hörte. Ich ging also ins Wohnzimmer und öffnete ihm die Hintertür an der Terasse. Die hatte ich nämlich von innen verschlossen.

Es gibt zwar auch einen Haupteingang, für den er auch den Schlüssel hatte, aber dafür muss man einmal um die ganze Unit rumlaufen, deswegen ging man immer durch die Hintertür an der Veranda rein, wenn eine Person zu Hause war. Da ich in meinem Zimmer war und keinen Blick auf diese Tür hatte, verschloss ich sie. Andy meckerte trotzdem erstmal, da wir üblicherweise auch noch eine Art Gehstock in die untere Schiene der Schiebetür legten, der dann das Öffnen der Türe blockierte und ich das in dem Fall nicht gemacht hab. War für mich nicht nötig, ich war ja zu Hause und muss dementsprechend nicht alles gleich komplett abriegeln, wie wenn alle aus dem Haus sind. Naja, ich bin sicher, dass er selber es auch nicht gemacht hätte, aber bei mir wird natürlich erst mal gemeckert…

[..] Andy fragte, ob was gewesen sei, ich sagte ihm, dass Bob kurz vorbeigeschaut hatte, er ja aber nicht da gewesen sei. Andy wollte wissen, was ich ihm gesagt hatte. Also sagte ich ihm kurzerhand, dass ich Bob gesagt habe, dass ich auch nicht wüsste, wo er sei, ich selber warte und am Kochen bin. Daraufhin quatsche ich noch 5 Minuten mit ihm und dann ging er wieder zu sich rüber. Ich weiss nicht, was nun Andy’s Problem war, aber das, was ich ihm da grad erzählte, regte ihn tierisch auf. Er war sauer auf mich, da ich einfach einen “seiner” Gäste empfangen habe, ohne das er selber da war.

[..]

Doch vielleicht eine viertel Stunde später rüttelte Andy schon an meiner Tür und sagte ich soll aufschließen. Mein Herz klopfte. Ich denke, er hatte die Sache mit Bob einfach falsch verstanden und denkt von mir, ich würde mich einfach in sein gemachtes Nest setzen, mich bedienen und dann auch noch selbstverständlich seine Gäste dort versorgen. So war es aber eben nicht. Letztlich saßen wir wieder auf dem Sofa im Wohnzimmer und er motzte mich an und sagte mir ins Gesicht, wie unhöflich ich eigentlich sei. Dann kam er zur Erkenntnis, dass es besser sei, wenn er mich rauswirft, bevor er noch schlimmeres anstellt. Ich traute meinen Ohren kaum, aber er sagte wirklich, ich soll sofort meine Sachen packen und verschwinden. Ich suchte also schnellstmöglich meine sieben Sachen beisammen, schmiss alles in meine Reisetasche und rannte ziemlich bald raus auf die Straße.

Ich dachte er würde mich vielleicht doch zurückrufen oder so, aber es kam nichts. Es war so gegen 23 Uhr. Ich brauchte ein paar Minuten, um zu begreifen, was gerade geschehen war. Ich lief erstmal die Straße hoch, bis zur Bushaltestelle. Es war schon zu spät, kein Bus mehr, der in die City fährt. Wohl oder übel rief ich mir also ein Taxi heran, das gerade vorbeikam. Ich ließ mich mitten in der City in der Mitchell Street absetzen und überlegte, was ich nun machen soll. Zu aller erst ging ich in Tommo’s Pie Shop, da ich Alex fragen wollte, ob ich bei ihm, Andrew und Lotty ins Appartement einziehen kann. Doch Alex arbeitete an diesem Abend leider nicht. Stattdessen traf ich an der Theke auf einen Jungen in meinem Alter, der mir freundlicherweise die Handy Nummer von Alex rausgab. Später wird mir Andrew erzählen, dass der Junge auch ein deutscher Backpacker ist und im Pie Shop für Andrew jobbt.

Ich rief Alex an, erzählte ihm, das Andy mich vor die Tür gesetzt hat. Doch so wirklich zu interessieren schien es nicht, es war auch recht laut bei ihm. Er war an diesem Abend bei einem Musikkonzert, von dem er mir auch schon einige Wochen vorher erzählt hatte. Jedenfalls nahm er es eher mit Humor auf und lachte, typisch Alex. Dann sagte er mir, er freute sich schon lange auf diesen Abend und will ihn genießen und auch heute nichts von den Problemen mit Andy wissen. Wirklich weitergebracht hatte mich der Anruf also nicht. Ich klapperte zwei, drei Hostels ab, doch bis auf das „Melaleuca on Mitchell” hatten alle Rezeptionen schon geschlossen.
Ich checkte also dort ein und buchte erst mal 2 Nächte. Zwischenzeitlich erreichte mich eine SMS von Andy, ein Funken Hoffnung auf Reue seinerseits fühlte ich in mir, doch alles was kam war nur “Fuck off, u Parasite”. Die ganzen SMS von Andy und überhaupt alle SMS aus meiner Australien Zeit, habe ich sogar heute immer noch auf meinem Handy gespeichert und lese ich mir ab und zu durch, wenn ich eine innerliche Zeitreise in mein Australien Abenteuer machen möchte.

Ich bezog also nach langer Zeit mal wieder ein “echtes” Hostelzimmer. Meine Zimmergenossen waren in Ordnung, recht ruhig. Ein oder zwei Asiaten waren dabei. Das Zimmer war schön klimatisiert. Ich fands echt lustig, in Darwin mal wieder wie ein “normaler” Backpacker in einem Hostel zu übernachten. Ich hatte mich wohl wirklich schon komplett an Andy’s Unit gewöhnt.
Am nächsten Tag, es war Freitag, schlief ich normal aus, ein Anruf oder SMS hatte mich nicht erreicht – hätte ja sein können. Später bin ich dann in die City bzw. war es ja eigentlich schon. Erst mal bin ich zu Anja in den Déjà Vue Souvenirshop in der Mall, gegenüber dem Café von Luica, Andy’s Schwester. Anja wusste natürlich schon über alles Bescheid, sie hatte Andy ja wie ja inzwischen jeden Morgen aus Parap abgeholt, um ihn mitzunehmen. Ich fragte sie mal vorsichtig, ob ich bei ihr wohnen könnte, aber das wollte sie irgendwie auch nicht wirklich, es sei nicht aufgeräumt und so weiter, sagte sie. Ich blieb noch etwas bei ihr und schob meinen Besuch bei Andy im Shop vor mir her. Irgendwann raffte ich mich aber auf und ging zu ihm in den Laden.

Er war an der Theke beschäftigt und fragte mich, wie es mir geht. Ganz gut, sagte ich und frage ihn das gleiche. Auch ihm schien es gut zu gehen und ich merkte, dass er extra so tat, als sei alles bestens. Ich erwartete schon irgendwie irgendetwas von ihm, eventuell sagte ich das auch, ich weiß es leider nicht mehr. Aber es dauerte nicht lange, da fing er wieder an und warf mir mein Fehlverhalten vor und warf mich aus dem Laden. Ich sagte ihm noch, dass er verrückt sei, da er jeden Tag etwas anderes sagt und man ihn daher einfach nicht verstehen kann und verließ den Shop.

Ich erzählte es kurz Anja und war immer froh, denn sie machte mir irgendwie Mut, wenn sie sagte, ich solle das alles nicht so ernst nehmen und Andy würde sich eh wieder einkriegen. Vermutlich fühlte ich mich bei ihr aber innerlich irgendwie wohl, weil sie inzwischen einfach die letzte “Deutsche” war, mit der ich in direktem Kontakt stand. Mit Marissa und den anderen war ich nur online, per SMS und ab und zu am Telefon in Kontakt. Laura war ja auch längst weg und mit deren Tante und Onkel hatte ich daher dann auch keinerlei Kontakt mehr, obwohl ich eigentlich immer mal bei Franziska anrufen wollte.

Ich bin dann anschließend in Richtung States Library und hab mich dort auf eine Wiese gesetzt, um nochmal nachzudenken. Ich fand es ziemlich traurig, dass Andy einen solchen Hass auf mich hatte. Das war ganz sicher nicht, was ich erreichen wollte. Auch, dass er mir sagte, ich sei ziemlich unverschämt, unhöflich und egoistisch, ging mir innerlich schon nahe, denn so wollte ich natürlich bei den Leuten, die ich in einem fremden Land kennenlernte in Erinnerung bleiben. Immerhin war ich dort ja auch Gast. Deswegen erschrak ich zum Teil auch etwas vor mir selber.

War ich wirklich so unhöflich? Ich denke aber ehrlich gesagt nicht. Ich hab mich bei Andy daheim öfter zurückgehalten, habe Dinge aus Höflichkeit verneint. Aber wahrscheinlich war es unter anderem genau das, was ihn an mir störte. Denn damit signalisierte ich ihm gegenüber eine gewisse Ablehnung. Aber für mich war es eben schwer, mich komplett zu öffnen und immer alles anzunehmen, da ich eben “nur” Gast war und dazu auch noch nichts bezahlte. Deswegen versuchte ich immer einen Mittelweg zu finden, wie ich mich verhalte.

Ich saß jedenfalls auf der Wiese und kam zu dem Entschluss, die Sache mit dem Wohnen bei Andy zu vergessen und überhaupt generell mit Darwin abzuschließen. Es war einfach Zeit für was neues, ich war lange genug in Darwin und das war ein eindeutiges Zeichen. In letzter Zeit gab es so viel Hin- und Her mit Andy, es war anstrengend geworden mit ihm und ich wollte nur noch weg aus Darwin. Es war zwar einerseits schade, dass es nun so, in dieser Art und Weise, ein Ende nimmt, aber trotzdem irgendwie eine gute Gelegenheit, weiter zu ziehen. Das mit dem Weihnachten in Darwin schien dann wohl auch gelaufen zu sein, aber naja, was soll’s dachte ich mir. Ich werde einfach weiterziehen und die Sache ist gegessen, denn ich bin völlig frei und unabhängig! In diesem Moment wurde mir wieder bewusst wie geil es eigentlich war. Ich konnte ja letztlich wirklich alles selber entscheiden, wie lange ich wo bleibe und so weiter. Ein tolles Gefühl!

Gegen Mittag ging ich wieder zu Anja und war gespannt wie heute das Mittagessen aussehen wird. Wird Andy mit zum Monsoons gehen oder nicht? Glücklicherweise hatte er schon eine Stunde früher Mittagspause gehabt, sodass ich mit Anja alleine ging. Es geschah sonst nichts Besonderes mehr an diesem Tag. Am Samstag früh aber klingelte mein Handy: Andy rief an. Ich ging nicht dran. Später schrieb er eine SMS: ob ich nach Hause komme, er holt mich auch ab und nach dem ich auch darauf nicht reagiert habe, schickte er dann eine zweite SMS, in der er schrieb, dass die Entscheidung jetzt an mir läge.
Ich kann bei ihm wieder einziehen, wenn ich möchte, wenn ich aber nicht möchte, sei es auch in Ordnung. Ich ließ ihn noch etwas zappeln und fuhr an dem Samstag zum Lake Alexander, um auf „Wallaby“ (Känguru) Suche zu gehen und ein paar Fotos einzufangen.

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Nanu, wessen Spuren sind denn das?

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Erst neugierig gucken…

Erst neugierig gucken…

…und dann schnell abhauen!

…und dann schnell abhauen!

Es goss gegen Mittag in Strömen, wie so oft in diesen Monaten. Aber ist ja klar, es war “wet-season”. Aber auch wenn es heftige Monsoon Regenschauer gab, war das lange nicht so unangenehm wie in Sydney oder bei uns in Deutschland, weil es einfach immer ziemlich warm war. Die Luft war warm und feucht. Binnen ein bis zwei Stunden war meistens alles wieder staubtrocken. Und die Menschen in Darwin stört der Regen auch nicht, sie freuen sich eher. April bis September ist Trockenzeit, Oktober bis März Regenzeit.

Da der Regen halt ein “warmer Regen” ist, stört er die meisten Leute gar nicht und manche laufen auch gerne mal extra klatschnass durch den Regen. Andere hingegen spannten ihre Schirme auf. Ein Trick von Andy war es dann immer, die Regenschirme, die er im Shop verkauft, immer an den Eingang zu stellen, sodass jeder an der Straße daran vorbeiläuft. Viele kauften dann nämlich “mal eben schnell” bei ihm einen Schirm, wenn sie unvorhergesehen vom Unwetter erwischt wurden. Ich schrieb Andy dann erstmals eine SMS zurück und informierte ihn, dass ich Sonntag oder Montag zu ihm komme. Da ich nicht unnötig Geld fürs Hostel verplempern wollte, war mir aber eh schon klar, dass ich morgen (also Sonntag) zurück gehe.

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