Ich versuchte seit einigen Tagen erfolglos mein Geburtstags/Weihnachtspaket ausfindig zu machen, das meiner Mutter mir schon im September nach Darwin geschickt hatte. Mehrmals rief ich bei der Hotline der Australia Post an und bin auch persönlich ins Postamt, aber keiner konnte dort irgendwas ausfindig machen. Vor allem, weil ich keine Sendungsnummer parat hatte, da es sich um ein DHL Päckchen und nicht um ein DHL Paket handelte. Ich beschloss, einfach abzuwarten und unternahm irgendwann nichts weiter mehr.
Andy war die Tage sichtlich aufgeregt, vor allem weil Alex wieder ziemlich Stress schob. Weihnachten stand vor der Tür und Andy wollte eine Weihnachtsparty veranstalten. Langsam standen die Planungen bevor.
Der Höhepunkt kam aber in der Nacht vom 23.12 auf den 24.12.2010, als ich abends alleine zu Hause war. Andy kam nach der Arbeit nicht Heim. Ich ging um 23 Uhr oder so zu Bett, machte meine Zimmertür normal zu. Innerlich war ich natürlich wieder unruhig. So um Mitternacht oder so hörte ich dann Geräusche, es waren Alex und Andy. Sie waren am Streiten. Und stock besoffen. Alex riss meine Zimmertür auf und rief in seinem französischen Englisch nur “hey germaaan, c’mon get up’. Toll, dachte ich, das kann ja was werden. Andy war total aggressiv und sauer auf Alex. Alex aber nuschelte immer irgendwas und versuchte Andy immer grinsend zu beruhigen. Dadurch wurde Andy vermutlich noch wütender und warf Alex schlicht weg vor die Tür. Alex klopfte und wollte wieder rein, Andy rastete komplett aus, rief nur noch “Fuuck offff”. Das kann man sich anhand dieser Zeilen kaum vorstellen, aber ich dachte echt jetzt geht’s echt rund.
Es war mitten in der Nacht und keine 10 Minuten später stand auch noch Bob an der Tür und war leicht angepisst von dem Theater. Ich hätte gedacht Andy würde zumindest vor Bob, zu dem er jetzt nicht sooo ein enges Verhältnis hat, Halt machen und sich vielleicht entschuldigen, aber im Gegenteil. Bob rief er nur böse zu, er soll abhauen, bevor noch was passiert und so weiter. Andy rief lautstark Andrew an und entschuldigte sich, weil er dieses Jahr nun keinen Weihnachtsparty machen wird. Es tue ihm leid, er hätte es zwar gerne getan, aber er hat keine Kraft mehr und keine Lust mehr und alle kotzen ihn an. Für Andrew, seinen besten Mate (Kumpel) tue es ihm zwar leid, aber sie sollten sich bei Alex bedanken. Ich dachte mir, dass er da eh gerade nur vor sich hin redet, da er gerade was diese Weihnachtsfeier an geht, in den letzten Tagen bestimmt 3-4 Mal seine Meinung gedreht hatte. Erst hieß es, er macht eine und lädt alle ein, dann nicht mehr, dann doch, am Ende wieder nicht und dann konnte er sich doch wieder aufraffen, alle zu sich einzuladen. Irgendwann war mir das alles zu heftig, ich konnte nicht mehr und verschloss mich in meinem Zimmer. Ich hörte später noch Gegenstände scheppern und Andy fluchen. Irgendwann bin ich eingeschlafen.
Gegen 11 Uhr wachte ich auf. Es war ruhig, keiner schien wach zu sein. Ich wagte es vorsichtig, meine Tür aufzumachen und lunzte raus. Einige Schritte vorwärts gelaufen, fand ich jede Menge Glassplitter auf dem Boden. Die 3 Deckenventilatoren liefen wohl die ganze Nacht durch. Auch das Licht war noch an, obwohl es draußen längst hell war. Auf dem Sessel sah ich dann Alex völlig schräg liegend in halber Schlafposition. Die Zimmertür von Andy’s Schlafzimmer war geschlossen. Der Wohnbereich war unaufgeräumt und sah aus wie ein Schlachtfeld. Ich begann langsam und ruhig mit Handfeger und Schaufel die Scherben wegzufegen – da wachte Alex auf. Halb besoffen wünschte er mir einen guten Morgen und fragte mich nach einem Bier. 2 Minuten später war er für eine viertel Stunde lang wieder eingeschlafen. Nachdem er aber aufgestanden war, nahm er sich ein Bier und stürzte sich in Französisch-Englisch mit den Worten “Hello, Darling!” in Andy’s Zimmer, der ihn natürlich direkt rauswarf.
Ich frühstückte und war ein bisschen am Laptop. Als Andy dann am frühen Mittag aufgestanden war, rauchte er auf der Veranda eine Zigarette und war relativ ruhig und in sich gekehrt. Er hatte Alex zwar in der Nacht rausgeworfen, aber wohl auch wieder reingelassen. Alex nahm die letzte Nacht wie immer mit Humor und versuchte sich grinsend für alles zu entschuldigen. Andy war sich bewusst, dass Alex ihm nicht gut tut, ihm dauernd nur Ärger bringt und machte sich das immer wieder erneut klar, in dem er es zum Ausdruck brachte. Der ausschlaggebende Punkt für das ganze Theater war wohl, dass Alex am Abend im Monsoon einen guten Champagner im Wert von locker 200 EUR spendiert hat, die Kosten dann aber auf Andy abgedrückt hat und er sich dann natürlich verarscht vorkam.
Er schwor sich immer wieder, mit Alex nie wieder irgendwo trinken zu gehen. Seine Vollausraster waren immer wie eine ziemlich heftige Explosion, wie ein Urknall, bedingt durch vorhergehende Ärgernisse. Danach war er total kraftlos. Zumindest für einige Stunden.
Naja, als ich mich auf den Weg in die Stadt machte, saßen Andy und Alex jedenfalls wieder bei einem Bier zusammen und hatten sich wohl mehr oder weniger vertragen. Ich fuhr mit dem Bus in die City, lief zur Esplanade und setzte mich auf eine Bank (leider nicht “meine” Bank, die war besetzt). Ich machte meinen mp3 Player an, wählte ein trauriges Lied aus und fing bereits nach dem Anklingen der ersten 3 Sekunden direkt an zu weinen. Mir war dieses ganze Hin- und Her mit Weihnachten, dieses ganze Geschreie, dieser ganze Zoff mit Alex einfach zu viel.
Und vor allem: Heute war Weihnachten – jedenfalls für mich. In Australien fängt Weihnachten erst am 25.12 richtig an, aber innerlich war für mich schon irgendwie ein bisschen Heilig Abend. Ich musste an meine Familie zu Hause denken und daran, wie sie wohl gleich aufstehen werden und traditionell den Weihnachtsbaum aufstellen und schmücken werden – dieses Jahr ohne mich. Und ich? Sitze hier alleine auf einer Bank und heule. Ich fühlte mich nicht gut.
Am späten Mittag war ich zum Skypen mit meiner Mutter und meinem Bruder verabredet. Ich ging also in das von Andys Familie geführte Internet Café und rief in Frankfurt an. Meine Mutter bemerkte meine innerliche Unruhe wohl sofort und fragte direkt zu Beginn, ob irgendwas passiert sei. Ich verneinte und wechselte relativ schnell das Thema, weil ich ihr den ganzen Stress, den ich hier in der letzten Zeit hatte, einfach nicht erzählen wollte. Es tat gut, die beiden zu hören und zu sehen. In Deutschland war es gerade erst 8.30 oder 9.00 Uhr und die beiden waren wohl gerade erst aufgestanden.
Wir tauschten uns jedenfalls gut 1-2 Stunden über das anstehende Weihnachtsfest und die Geschehnisse der letzten Zeit aus. Ich erzählte, dass Andy eine Weihnachtsfeier machte, verschwieg aber, dass seit letzter Nacht nicht mal mehr das wirklich fest stand und ich nicht genau wusste, wie ich Weihnachten verbringen werde. Nachdem wir Schluss gemacht hatten, ging ich noch zum Subway, war noch ein bisschen in der City unterwegs und machte mich dann wieder zurück nach Hause. Dort war Andy jetzt in vollem Gange die Bude zu putzen. Er hatte sich jetzt im letzten Moment eindeutig entschieden, die Weihnachtsparty doch noch zu veranstalten. Ich half ihm, abends holte ich für uns beide beim Asia Imbiss um die Ecke Take-Away Essen.
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